Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Neue Verhandlungen mit Baden. 395 
hegen ein unüberwindliches Mißtrauen gegen Baden wegen des organi— 
sierten und amtlich begünstigten Schmuggels.“) Der Stuttgarter Hof 
vornehmlich zeigte sich unwirsch. König Wilhelm fragte befremdet, warum 
denn dieser. Staat, der in Württembergs Machtsphäre liege, zuerst in 
Berlin, statt in Stuttgart angeklopft habe? noch sei keineswegs sicher, ob 
Württemberg sich herablassen werde, auf Badens „Bitte um Zulassung“ 
einzugehen. Der schwäbische Schreiberstand, übel berufen unter den Zoll— 
vereinsgenossen wegen seiner pedantischen Formenseligkeit, war allen Neue— 
rungen abhold. Er hatte bisher eine lange Zollgrenze selbständig bewacht; 
trat Baden bei, so wurde Schwaben zu einem „Binnenlande“, geriet 
in schmachvolle Abhängigkeit den Verbündeten gegenüber. Und wer sollte 
die Pensionen bezahlen für die württembergischen Zollbeamten auf dem 
Schwarzwalde, die nun überflüssig wurden? Zudem war der alte Zank 
wegen der Neckarschiffahrt wieder entbrannt. Baden forderte einen Neckar— 
zoll von 5 bis 6 Kr., Württemberg und Darmstadt wollten nur 4 Kr. 
zugestehen; der Stuttgarter Hof hatte sich bereits klagend an den Bund 
gewendet. Schaudernd erzählte sich die deutsche Diplomatie von dieser 
„Kreuzerfrage“; Moritz Mohl der Unverwüstliche verfaßte eine Denkschrift 
darüber, zweitausend Aktenseiten lang. Der württembergische Gesandte 
in Karlsruhe, der bekannte Bonapartist General Bismarck, verschärfte die 
Feindschaft der beiden Höfe noch durch Ränke und Klatschereien. Auch der 
französische Gesandte Graf Mornay versuchte wieder Unheil zu stiften. 
Freundlichere Gesinnung erwies der bayrische Hof, zumal seit Preußen 
erklärt hatte: der Sponheimer Handel soll diesmal aus dem Spiele 
bleiben, eine Verständigung darüber wird leichter erfolgen, wenn Bayern 
und Baden eine Zeitlang als Zollvereinsgenossen gute Freundschaft ge- 
halten haben. Doch bestand auch in München lebhafte Eifersucht gegen 
Preußens ausgreifenden Ehrgeiz. Minister Gise beteuerte dem badischen 
Geschäftsträger Röntgen vertraulich: Die Rechtlichkeit des preußischen 
Gouvernements wird allgemein anerkannt. Es ist aber meine Pflicht, 
die neu eintretenden Staaten zu warnen vor der Gefahr drückender Ab- 
hängigkeit. Preußens geheime Tendenzen lassen sich nicht mehr verkennen. 
Bayern wird ihnen überall entgegentreten, wird ein festes Zusammen- 
stehen aller Vereinsstaaten gegen Preußen zu bewirken suchen und hofft, 
daß auch Baden erkennen wird, wie vollständig seine Interessen mit denen 
Bayerns und Württembergs zusammenfallen.) 
In solchem Gewirr von Zänkereien und mißtrauischen Hintergedanken 
war die höchste Offenheit die höchste Klugheit. Auf Badens erneuerte 
Anfrage ließ König Friedrich Wilhelm um Neujahr 1834 antworten: wir 
werden nicht, wie Baden wünscht, einen preußischen Finanzbeamten nach 
  
*) Eichhorn, Weisung an Otterstedt, 7. Sept. 1833. 
**7) Röntgens Berichte, 23. April, 10. Mai 1834.
	        
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