Neue Verhandlungen mit Baden. 395
hegen ein unüberwindliches Mißtrauen gegen Baden wegen des organi—
sierten und amtlich begünstigten Schmuggels.“) Der Stuttgarter Hof
vornehmlich zeigte sich unwirsch. König Wilhelm fragte befremdet, warum
denn dieser. Staat, der in Württembergs Machtsphäre liege, zuerst in
Berlin, statt in Stuttgart angeklopft habe? noch sei keineswegs sicher, ob
Württemberg sich herablassen werde, auf Badens „Bitte um Zulassung“
einzugehen. Der schwäbische Schreiberstand, übel berufen unter den Zoll—
vereinsgenossen wegen seiner pedantischen Formenseligkeit, war allen Neue—
rungen abhold. Er hatte bisher eine lange Zollgrenze selbständig bewacht;
trat Baden bei, so wurde Schwaben zu einem „Binnenlande“, geriet
in schmachvolle Abhängigkeit den Verbündeten gegenüber. Und wer sollte
die Pensionen bezahlen für die württembergischen Zollbeamten auf dem
Schwarzwalde, die nun überflüssig wurden? Zudem war der alte Zank
wegen der Neckarschiffahrt wieder entbrannt. Baden forderte einen Neckar—
zoll von 5 bis 6 Kr., Württemberg und Darmstadt wollten nur 4 Kr.
zugestehen; der Stuttgarter Hof hatte sich bereits klagend an den Bund
gewendet. Schaudernd erzählte sich die deutsche Diplomatie von dieser
„Kreuzerfrage“; Moritz Mohl der Unverwüstliche verfaßte eine Denkschrift
darüber, zweitausend Aktenseiten lang. Der württembergische Gesandte
in Karlsruhe, der bekannte Bonapartist General Bismarck, verschärfte die
Feindschaft der beiden Höfe noch durch Ränke und Klatschereien. Auch der
französische Gesandte Graf Mornay versuchte wieder Unheil zu stiften.
Freundlichere Gesinnung erwies der bayrische Hof, zumal seit Preußen
erklärt hatte: der Sponheimer Handel soll diesmal aus dem Spiele
bleiben, eine Verständigung darüber wird leichter erfolgen, wenn Bayern
und Baden eine Zeitlang als Zollvereinsgenossen gute Freundschaft ge-
halten haben. Doch bestand auch in München lebhafte Eifersucht gegen
Preußens ausgreifenden Ehrgeiz. Minister Gise beteuerte dem badischen
Geschäftsträger Röntgen vertraulich: Die Rechtlichkeit des preußischen
Gouvernements wird allgemein anerkannt. Es ist aber meine Pflicht,
die neu eintretenden Staaten zu warnen vor der Gefahr drückender Ab-
hängigkeit. Preußens geheime Tendenzen lassen sich nicht mehr verkennen.
Bayern wird ihnen überall entgegentreten, wird ein festes Zusammen-
stehen aller Vereinsstaaten gegen Preußen zu bewirken suchen und hofft,
daß auch Baden erkennen wird, wie vollständig seine Interessen mit denen
Bayerns und Württembergs zusammenfallen.)
In solchem Gewirr von Zänkereien und mißtrauischen Hintergedanken
war die höchste Offenheit die höchste Klugheit. Auf Badens erneuerte
Anfrage ließ König Friedrich Wilhelm um Neujahr 1834 antworten: wir
werden nicht, wie Baden wünscht, einen preußischen Finanzbeamten nach
*) Eichhorn, Weisung an Otterstedt, 7. Sept. 1833.
**7) Röntgens Berichte, 23. April, 10. Mai 1834.