Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Abel und der Landtag. 313 
zweige. Das Heer verkam, die schlecht unterhaltenen bayrischen Landstraßen 
standen bei den süddeutschen Nachbarn in bösem Rufe; und wie das Unter- 
richtswesen daniederlag, das erfuhr der Landtag staunend, als die Ver- 
treter der drei Universitäten, der konservative Lutheraner Stahl und die 
Klerikalen Moy und Ringseis völlig übereinstimmend die Dürftigkeit ihrer 
Hochschulen schilderten. Am tapfersten sprach Stahl; der Verfassung ge- 
mäß bestritt er dem Ministerium rundweg das Recht, über die Erübrigungen 
nach Belieben zu verfügen. Zur Strafe befahl ihm Abel, das Fach des 
Staatsrechts aufzugeben und fortan Vorlesungen über Zivilprozeß zu halten. 
Diese höhnische Mißhandlung erleichterte ihm die Annahme des Rufs nach 
Preußen; sie hinderte freilich nicht, daß der freimütige Gelehrte von den 
aufgeklärten Berlinern sofort als ein Serviler beschimpft wurde. Die 
Universitäten aber sanken bald noch tiefer, weil Abel ihnen eine neue 
Studienordnung auferlegte mit übel ausgewählten Zwangskollegien und 
zahlreichen Zwischenprüfungen, die alle akademische Freiheit vernichten 
mußten; er wiegte sich in dem Wahne, daß die Künste ohne die freie 
Wissenschaft auf die Dauer blühen könnten. 
Der neue Landtag, der um Neujahr 1840 zusammentrat, verlief an- 
fangs still, da der König kein Bedenken trug, viele Abgeordnete persönlich 
unter Androhung seiner Ungnade zum Gehorsam zu ermahnen, andere 
durch Abels Barschheit eingeschüchtert wurden.) Wieder wie so oft schon 
hatte die Regierung einer langen Reihe von Staats= und Gemeinde- 
beamten den Urlaub für den Landtag verweigert; sie beanspruchte jetzt 
sogar das Recht, auch die Rechtsanwälte nach Belieben von der Kammer aus- 
zuschließen. Selbst darüber kam es nicht zum Bruch, und die heikle Streit- 
frage wegen der willkürlichen Verwendung der Erübrigungen wurde durch 
den plötzlichen Schluß des Landtags einfach abgeschnitten. Die evangelischen 
Abgeordneten, die fast ein Drittel der Kammer ausmachten, zeigten sich 
sehr versöhnlich; sie wollten den Landtag nicht zum Tummelplatze kon- 
fessionellen Zankes machen und beschlossen unter sich, ihre kirchlichen Be- 
schwerden in einer besonderen Denkschrift dem Könige selbst vorzutragen.) 
Die Beschwerdeschrift klagte über die parteiische Behandlung der gemischten 
Ehen; wurde doch sogar das erzwungene Versprechen katholischer Kinder- 
erziehung durch Abel für rechtsgültig erklärt. Sie wies ferner nach, wie 
die Regierung in Neuburg, Landshut, Perlach und anderen Orten die 
Bildung evangelischer Gemeinden verboten, auch Betsäle, die mit amt- 
licher Erlaubnis schon eröffnet waren, wieder geschlossen hatte; in Ingol- 
stadt versuchte die vom Klerus aufgewiegelte katholische Bürgerschaft selbst 
den Bau einer evangelischen Kirche zu hintertreiben. Sogar den Namen 
„evangelisch“ bezeichnete der Minister als unzulässig, als eine Beleidigung 
*) Dönhoffs Bericht, 6. Jan. 1840. 
**) Dönhoffs Bericht, 28. Febr., Vorstellung der unterzeichneten Mitglieder der 
protestantischen Kirche, Febr. 1840.
	        
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