Anschluß Braunschweigs. 447
schen Staatsstreich verteidigt hatte und jetzt wieder unter dem Namen
eines Dr. Faber „Politische Dachpredigten“ zur Verteidigung Ernst
Augusts schrieb. Der verhehlte gar nicht, daß der Welfenhof die Ge—
sinnungen, aus denen einst der Mitteldeutsche Handelsverein entsprungen
war, noch keineswegs aufgegeben hatte und den Zollverein selbst bekämpfte;
er mahnte die Deutschen, Rücksicht zu nehmen auf das „mächtige Aus—
land“, zumal auf England, und sagte plump: „Ich halte sämtliche Ver—
teidiger einer zweiten Einheit Deutschlands, neben oder außer der im
Bunde, entweder für gutmütige Häute oder schlaue Füchse.“ Diese groben
Angriffe nötigten auch den Berliner Hof, sich noch offener als bisher über
den nationalen Zweck seiner Handelspolitik auszusprechen. Die amtliche
Preußische Allgemeine Zeitung erklärte rund heraus: Preußens Aufgabe
im Zollvereine wird dann erfüllt sein, wenn der Zollverein das ganze
Bundesgebiet umfaßt und also die im Art. 19 der Bundesakte verheißene
Handelseinheit vollendet ist. Dabei ward freilich vorsichtig verschwiegen,
daß Osterreich dem Zollvereine nicht beitreten sollte. An dieser unerläß—
lichen Bedingung hielt auch König Friedrich Wilhelm für jetzt noch
fest. Als sein Gesandter in Wien mit Metternich über den schwebenden
Streit gesprochen hatte, erging aus Berlin sofort die gemessene Weisung:
ein freundliches Wort Osterreichs in Hannover kann nichts schaden; doch
irgend eine Vermittlung in Zollvereinssachen werden wir dem kaiserlichen
Hofe nie erlauben.“)
Nach fast drei Jahren, zu Anfang 1844 wurden die widerwärtigen
Verhandlungen abgebrochen. Braunschweig trat nunmehr mit seinen sämt-
lichen Kreisen dem Zollvereine bei, und der Steuerverein blieb bestehen,
obgleich sein Gebiet zerrissen war. Abermals nach häßlichem Streite
erneuerte man dann auch das Zollkartell. Die drei nächstbeteiligten
Kabinette suchten ihr Verhalten durch veröffentlichte Staatsschriften zu
rechtfertigen, und erbaulich war es nicht, wie die beiden ergrimmten
Welfenhöfe ihre schwarze Wäsche vor aller Welt wuschen. Ruhiger redete
die preußische Staatsschrift; ihre streng sachliche Darstellung überzeugte
ganz Deutschland, nur nicht die unbelehrbaren Hannoveraner und Hansen.
Ernst August aber hatte mittlerweile sein altes Vaterland wieder besucht
und sogar, nach Ableistung des üblichen Eides, seinen Sitz im Oberhause
wieder eingenommen, obgleich Aberdeen selbst ihm vorstellte, dazu hätte
sich weder König Leopold noch Prinz Albert je herabgelassen. Sein Ver-
hältnis zu dem englischen Hofe blieb sehr kühl, weil die Königin argwöhnte,
ihr feindseliger Oheim würde die Lords gegen sie aufwiegeln. Indes
verabredete er mit den Ministern insgeheim einen Schachzug gegen
Preußen.) Am 22. Juli 1844 schloß er mit England einen Schiffahrts-
*) Bülow, Weisung an Canitz, 17. März 1844.
*##r) Bunsens Bericht, 10. Juni, 10. August 1843.