Prinz Adalbert. Amazone. 489
Eltern, des Prinzen Wilhelm und der frommen Prinzessin Marianne
heranwuchs, da erzählte ihm ein Spielgefährte, Graf v. d. Gröben oft—
mals von den Taten seines Ahnherrn, des afrikanischen Helden der
Kurbrandenburger; auch der befreundete Nachbar Feldmarschall Gneisenau
sprach gern von seinen amerikanischen Wanderfahrten. Seitdem träumte
der feurige wagelustige Prinz von der weiten Ferne. Dann unternahm er
große Seereisen, als Gast an Bord englischer, russischer, sardinischer Kriegs—
schiffe, und lebte sich in den Beruf des Seemanns ein. Er lernte die Welt
kennen und begriff, wie eng das binnenländische Leben seiner Heimat war.
Für ein wachsendes Volk — so wiederholte er oft — kein Wohlstand ohne
Ausbreitung, keine Ausbreitung ohne überseeische Politik, keine überseeische
Politik ohne Flotte. Von Halbheiten wollte er jedoch nichts wissen; viel—
mehr sagte er voraus, daß eine kleine Flotte den großen Seestaaten wie
eine aufreizende Anmaßung erscheinen würde; wolle man den kühnen
Wurf wagen, dann müsse Deutschlands Seemacht bald stark genug werden,
um sich zur Schlacht auf die hohe See hinauszuwagen. Solchen Plänen
seines jugendlichen Vetters hörte der König gern zu, aber die Bedenken
der Minister vermochte er nicht zu besiegen. Zunächst befahl er nur (1842)
den Bau des ersten königlich preußischen Kriegsschiffs, der Korvette Ama—
zone, die befehligt von dem dänischen Kapitän Dirckinck-Holmfeld, zur Ein—
übung der Navigationsschüler häufig die Ostsee, zuweilen auch den Ozean
befuhr. Dies war, außer einigen königlichen Postdampfern in der Ostsee,
vorläufig alles, was den Namen einer deutschen Marine verdiente; denn
jedermann wußte, daß Osterreichs Flotte, die Erbin Venedigs den Zwecken
deutscher Politik niemals dienen konnte. Sehnsüchtig wiederholten die
Patrioten die Klage aus Freiligraths „Flottenträumen“:
Sprach irgendwo in Deutschland eine Tanne:
O könnt' ich hoch als deutscher Kriegsmast ragen!
O könnt' ich stolz die junge Flotte tragen
Des ein'gen Deutschlands in der Nordsee Banne! —
Wie dringend Deutschland einer Seemacht bedurfte, das ward gerade
jetzt sehr schmerzlich empfunden, da die anhaltende Auswanderung, die
dem Vaterlande so ganz verloren ging, in weiten Kreisen das Verlangen
nach deutschen Kolonien erweckte. Bunsen sprach darüber oft mit seinen
englischen Freunden. Unermüdlich ließ er seine politischen Seifenblasen
in die geduldige Luft steigen, Peel und Aberdeen standen freundlich lächelnd
dabei, hielten ihm das Seifenbecken und schlugen den Schaum. Sobald
sich das Gerücht von einer deutschen Nationalflagge verbreitete, sagte Aber—
deen zärtlich: das ist ein ausgezeichneter Gedanke; Englands Interesse
verlangt, daß sich zwischen der britischen und der französischen Marine
einige Zwischen-Seemächte (des marines intermédiaires) bilden.*) Als
Bunsen aber den leitenden Minister unschuldig fragte, ob England eine
*) Bunsens Bericht, 20. Juni 1843.