494 V. 6. Wachstum und Siechtum der Volkswirtschaft.
tracht?“ Auch andere tüchtige Offiziere verlangten, daß die Regierung
den Bau der Eisenbahnen nach einem durchdachten Plane leiten müsse.“)
Da der König schon als Kronprinz ähnliche Meinungen gehegt hatte, so
wurden im Staatsministerium (1842) die Grundzüge eines die gesamte
Monarchie umfassenden Eisenbahnnetzes festgestellt; und immer wieder
drängte sich die Erwägung auf, ob man nicht kurzweg Staatseisenbahnen
bauen solle.
Die Finanzen erfreuten sich einer beneidenswerten Blüte; das blieb
immer die starke Seite der Regierung Friedrich Wilhelms. Die Staats-
schuld sank bis zum Jahre 1847 auf 137 Mill. Tlr., die Staatsschuld-
scheine standen sehr hoch im Kurse. Nach der glücklich vollendeten Ein-
zichung der fünfprozentigen Papiere wagte man jetzt schon, die Verzinsung
von 4 auf 3½ Proz., noch unter den landesüblichen Zinsfuß, herabzu-
setzen, obwohl Graf Alvensleben in gerechter Besorgnis warnte, diese Po-
litik der peinlichen Zinsenersparnis würde die Staatsgläubiger sehr hart
reffen und das Privatkapital vielleicht zu schwindelhaften Unternehmun-
gen verführen.“) Zugleich hob sich der Ertrag der Domänen in den
Jahren 1833—48 von 4,2 auf 5,25 Mill. Tlr.; nach der knappsten Be-
rechnung empfing der Staat aus seinem gesamten Vermögen eine Rente
von 6,25 Mill. jährlich, während er nur noch eine Zinsenlast von 5 Mill.
trug. Trotz des Steuererlasses wuchs auch das Einkommen aus den
Abgaben beständig, und im Jahre 1847 bezog die Monarchie schon eine
regelmäßige Gesamteinnahme von mehr denn 67 Mill. Tlr. Darum
wurden Staatseisenbahnen, wie die Beratungen der Vereinigten Aus-
schüsse deutlich erkennen ließen,*) in weiten Kreisen für unbedenklich
und notwendig gehalten. Unmöglich konnte man doch behaupten, daß
Privatbeamte den Eisenbahndienst, der nur strenge Ordnung und Ehrlich-
keit verlangt, besser besorgen sollten als das bewährte Staatsbeamtentum;
der Stachel des freien Wettbewerbs, der sonst die Privatunternehmungen
zu großen Leistungen anspornt, fiel hier hinweg, da die Eisenbahnen
tatsächlich ein Monopol besaßen.
Nach alledem begann selbst der alte Minister Rother sich mit dem
Gedanken des Staatsbaues zu befreunden. Als er einige Monate nach
der Entlassung der Vereinigten Ausschüsse dem Ministerium (21. Febr.
1843) eine große Denkschrift „zur Förderung des Eisenbahnbaues“ ein-
reichte, da sprach er offen aus: an sich sei der Staatsbau wohl vorzuziehen,
weil der Staat ohnehin schon Herr der Straßen sei, weil er besser verwalte
als Aktiengesellschaften und bei dem günstigen Stand der Staatsschuld
das Wagnis wohl auf sich nehmen könne. Dem gegenüber aber stand
*) Generalmaior v. Röder an Thile, 12. Mai 1841, nebst Denkschrift des Majors
Fischer über die Eisenbahnlinien.
**) Alvensleben an Thile 12. März; Voß an Thile, 13. März 1842.
*?7) S. o. V. 184 ff.