Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Schlußverhandlungen über das Patent. 639 
tionellen Frankreich auf Millionen, sondern auf 17000 Tlr. Aber diese 
im ganzen so sparsame, so peinlich rechtschaffene Finanzverwaltung hatte 
doch auf Befehl des alten Königs 473000 Tlr. an Don Carlos gezahlt, 
und was hinderte, daß Ahnliches oder Schlimmeres wieder geschah? Eine 
gründliche und genaue Prüfung des Staatshaushalts ließ sich den Ständen 
gar nicht mehr vorenthalten; das war ihr gutes Recht, wenn sie Steuern 
und Anleihen bewilligen sollten. Während also Wünsche, Beschwerden, 
Anträge jeder Art auf den Landtag einstürmten, verstand die Opposition 
doch sehr klug, alles zu vermeiden, was sie selber zerspalten konnte. Über 
die Dissidenten wurde sehr heftig geredet, jedoch über das Verhältnis des 
Staates zur römischen Kirche sprach niemand, weil die Liberalen aus 
dem Osten ihre rheinischen Genossen nicht reizen wollten. Das Elend 
der schlesischen Weber kam zur Sprache, der Prinz von Preußen, Fürst 
Lichnowsky und andere Mitglieder der Herrenkurie verwendeten sich lebhaft 
für die Erhöhung der Garnzölle; aber eine grundsätzliche Erörterung der 
Zollpolitik wurde behutsam vermieden, weil die schlesischen und die rhei- 
nischen Liberalen zum Teil Schutzzöllner waren, ihre Freunde aus den 
Küstenlanden allesamt Freihändler. 
Während der letzten Wochen der Tagung bewegten sich die Verhand- 
lungen wesentlich um die längst vorbereiteten Anträge auf Abänderung 
der Gesetze vom 3. Februar. In dieser Erweiterung der ständischen Rechte 
sahen viele Liberale die eigentliche Aufgabe des Landtags; die Unterzeichner 
der verunglückten Erklärung der Rechte suchten jetzt ihr Ziel auf einem 
anderen Wege zu erreichen. Die Stellung der Regierung war wieder sehr 
schwierig, ihr fehlte der sichere Rechtsboden. Savigny selbst mußte die Er- 
fahrung machen, daß der große akademische Redner parlamentarischer Er- 
folge nicht sicher ist; er überzeugte niemand, als er zu beweisen suchte, 
die früheren Gesetze verpflichteten den König nicht zur regelmäßigen Be- 
rufung der Reichsstände. Als die Minister dann gar behaupteten, die 
Krone hätte keine Garantie für die preußische Bank übernommen, da ver- 
wickelten sie sich in beschämende Widersprüche; auf der Banknote, die ein 
Abgeordneter entrüstet vorwies, stand doch deutlich zu lesen, daß sie von 
allen Behörden statt baren Geldes angenommen werden mußte, und der 
König selbst sah sich genötigt, dies zur Beruhigung seiner getreuen Stände 
nochmals zu bestätigen. Jedoch auch die Opposition bewegte sich im Kreise, 
wenn sie immer wieder die unklaren Verheißungen der Hardenbergischen 
Gesetze für unzweifelhaftes Recht erklärte. „So hoch der Himmel über 
der Erde“ — sagte Vincke — „so hoch steht das Recht über den Nütz- 
lichkeitsgründen. Möge die unparteiische Geschichte sagen: der erste Land- 
tag der Krone Preußen, insbesondere die Mitglieder der Kurie der Ritter- 
schaft, der Städte und der Landgemeinden, sie wurden als treue und 
fleißige Ackerer erfunden auf dem Bo#en des Rechts, sie sind von diesem 
Boden nicht um einen Fuß breit abgewichen; nicht um eines Nagels Dicke
	        
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