Ausgang des Landtags. 643
Befehl wurden die vier Landräte also befragt, ob sie die Gesetze vom
3. Februar als rechtsverbindlich ansähen und ihnen in ihrer Amtstätigkeit
nachleben wollten. Alle vier versprachen, die ständischen Gesetze auszu—
führen, solange es ihr Gewissen erlaube; Vincke fügte hinzu, nötigen—
falls würde er rechtzeitig seine Entlassung nehmen. Schon diese Zusage
bewies, daß der Rechtsboden, um den man stritt, seinen eigenen Vertei-
digern nicht so ganz fest erschien. Nunmehr rieten die Minister, von
weiteren Maßregeln abzusehen, da weder das Verhalten der Landräte
auf dem Landtage noch ihre Gesinnung bestraft werden könnten. Der
König ließ es dabei bewenden; doch befahl er Vincke zu bedeuten: „wie
mir bei seinen sonstigen guten Eigenschaften und bei meinem besonderen
Wohlwollen für seinen verstorbenen Vater eine Umkehr von seinen irrigen
Ansichten doppelt erfreulich sein würde.“ Auch Bardeleben, dessen Ant-
wort etwas unbestimmt gelautet hatte, erhielt noch eine besondere Ver-
warnung: „ich will ihm Gelegenheit geben, meine wankend gewordene
Achtung und mein völlig verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen.“ 7)
So milde — weit milder als eine konstitutionelle Regierung verfahren
darf — behandelte die absolute Krone ihre Verwaltungsbeamten; doch
die wohlweise Väterlichkeit solcher Vermahnungen mußte stolze Männer
fast noch schwerer kränken als eine Strafe.
Bei allem Unmut hatte Friedrich Wilhelm keineswegs das Gefühl
einer erlittenen Niederlage: Untertanen konnten ihn doch nicht besiegen.
Vielmehr glaubte er noch immer, die Zukunft seines Verfassungswerkes
fest in seiner königlichen Hand zu halten. In seiner Thronrede meinte
er sich ganz unmißverständlich ausgesprochen zu haben. Daher schrieb
er an Bunsen: „der sehr kurze Sinn der sehr langen Rede (die ich ge-
sprochen, aber nicht gelesen habe) ist der: man wäre ein siebenfaches Rind-
vieh, 1) eine Verfassung zu fordern, 2) ein noch viel größeres, eine Ver-
fassung zu geben — wenn man schon eine hat. Darum die kurze Hin-
deutung auf England. #lon chancellier vous dira le reste.“**“) Um den
augenblicklichen Arger zu vergessen, überließ er sich ganz seiner unruhigen
Reiselust. Er ging nach Breslau, wo das Reiterstandbild des großen Königs
von Kiß enthüllt wurde, dann nach Pillnitz zu dem geliebten Schwager, dem
Prinzen Johann von Sachsen. Freilich, die lustigen Zeiten kehrten nicht
wieder, da Kronprinz „Dicky“ einst mit seinem Carissimo Sasso di Dante
hier am Strande der Elbe „Urküche gegessen“ hatte.“**“) Indes der König
fühlte sich wohlauf, und recht von Herzen freute er sich, als ihm hier eine
Dankadresse von etwa vierzig Mitgliedern der märkischen Ritterschaft zukam,
*) Kabinettsordre an das Staatsministerium, 24. Juli; Bericht des Staats-Min.,
10. Dez. 1847; Kabinettsordre an das Staats-Min., 4. Jan. 1848.
**) König Friedrich Wilhelm an Bunsen, 13. April 1847.
*) Kronprinz Friedrich Wilhelm an Prinz Johann von Sachsen, Dresden, 29. April
1833.
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