jedes Zasagers vom 22. Juni müsse die Brandmarke flammen.
Die Abgeordneten haben aber alles gut überstanden. Ein
buntes, fröhliches Jahrmarktstreiben erfüllt das Haus zu
Beginn der Sommertagung. Oer Monatserste bringt jedem
Erleuchteten der Nation die Vergütung für seine Mühewal--
tung, ist also an sich schon ein sehr spmpathischer Tag. Außer-
dem sind heute die „bistorischen“ Briefmarken zur Erinnerung
an die Verfassunggebende Nationalversammlung erschienen,
in den Wandelgängen entwickelt sich eine lebhafte philateli-
stische Börse, und jedermann pappt die neuen Marken auf
Briefe und Karten. Wir nehmen keinen Anstand, zuzugestehen,
daß die mißvergnügte Kommerzienrätin, die die Germania
auf unseren bisherigen Postwertzeichen darstellt, künstlerisch
nicht sehr erhebend wirkt. Noch weniger ist es aber der kubistisch
zerhackte Baum in roher Holzschnittmanier auf der 10-Pf.-
Erinnerungsmarke. Die zu 15 f. zeigt einen abgeschlagenen
Baumstumpf mit ein paar neuen Reisern, die zu 25 einen
knieenden nackten Kellnerpikkolo, der ein Tablett über seinem
Kopfe balanciert; vielleicht ist es aber auch ein Maurerlehrling
vom Turmbau zu. Babel, gezeichnet von einem ägpptischen
Primitiven.
Die regierende Sozialdemokratie konnte die höfisch-heral-
dische Kunst unserer alten Marken und Münzen kritisieren,
aber sie selber bringt nichts Neues an die Oberfläche, das
Kulturwert besäße. Ihr ist ja alles nur Agitation. Sie über-
schwemmt ung auch mit Bildern und Broschüren fürchter-
lichster Sorte auf Kosten aller Steuerzahler, um Reklame für
sich selber zu machen. Dieser Millionenunfug der „Zentrale
für Heimatdienst“" und anderer Propagandaämter wurde
schon früher in der Nationalversammlung gerügt, heute wieder
in einer kurzen Anfrage der Deutschnationalen. Bom Regie-
rungstisch wird erwidert, die Auflösung der Ä#mter sei im
Gange, aber die einmal erteilten Druckaufträge müßten noch
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