Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

verpflichtet zu nichts, steht nur in dem Stenogramm der heu- 
tigen Sitzung, kommt aber nicht unter die Ratifikationsurkunde, 
nicht in die Bücher der Geschichte. Er ist genau so wirkungeloe, 
wie das Umherspringen des kopflosen Huhns, nachdem es 
geschlachtet ist; eine Augenweide für die rohen Buben der 
dreiundzwanzig feindlichen Mächte. Neben dem Protest er- 
lassen die Abgeordneten Krätzig und Spahn noch sentimentale 
Abschiedsgrüße an die aus dem Reiche ausgestoßenen und ver- 
lassenen sieben Millionen Deutscher, ein schwächliches Getue, 
das auf die Verratenen nur übelkeiterregend wirken kann. 
In den 90er Jahren hat ein Abgeordneter einmal gesagt, 
ein Gramm MNitarbeit wiege schwerer als ein Zentner Mit- 
gefühl. Mit dem Mitgefühl derer, die den Friedensvertrag 
unterschrieben haben, retten die an Polen, Dänen und Fran- 
zosen verkauften Stammeebrüder nicht ihre deutsche Kultur. 
Ohne widersprechen zu können, läßt sich die Mehrheit von 
dem Albgeordneten Henke sagen, daß die bedingungelose 
Unterwerfung der Initiative der Unabhängigen zu verdanken 
sei. Diese historische Feststellung ist richtig. Um eine 
möglichst imposante Abstimmung zu erzielen, wurde ja am 
22. Zuni die ursprüngliche Formel durch die bekannte Erz- 
berger-Schiebung verändert, so daß auch die Unabhängigen 
mittun konnten, nachdem die regierende Mehrheit umgefallen 
war. Scheidemann und Erzberger haben uns zum Abgrund 
geführt, Cohn und Haase haben uns bineingestoßen, hinter 
ihnen aber steht das Volk der Straße, die kleine Minderheit 
der Pöbelaufstände, der als Matrosen verkleideten Geld- 
schrankknacker und Zuhälter. Da haben wir den „Geist von 
Weimar“, der uns von dem Geist von Potsdam angeblich 
erlösen wollte. Der gutgekleidete junge Mann freilich, der 
heute wie ein Raponchef bei Wertheim die Natifizierungs- 
vorlage aus seinem Warenlager empfiehlt, der Sozialdemokrat 
Müller, neunt sich Minister der auswärtigen Angelegenheiten. 
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