nis — die Abstimmung erfolgt morgen — wird dadurch
wohl kaum beeinflußt. Oie schwarz-rote Mehrheit hält durch
und wird ihre schlechte Kompromißarbeit nicht am letzten
Paragraphen scheitern lassen. Aber gerade er wird der
Gärungserreger sein, der über kurz oder lang das ganze
Verfassungswerk von innen her zur Zersetzung bringt.
Erst die Schande, dann die Angst
Weimar, 22. Juli
Zemehr von dem gesetzgeberischen Stoff aufgearbeitet wird,
desto länger werden die Gesichter der Regierenden. Wenn
man eines schönen Tages fertig ist, was dann? Wenn die
verfassunggebende Nationalversammlung sich der Neuwahl
zum endgültigen Reichstag unterziehen muß, was dann?
Keiner der politischen Einbrecher und Erbschleicher vom
9. November, keiner der Volksverräter vom 22. Zuni traut
sich mehr, dem Nachbarn gerade in die Augen zu sehen. Man
hat die große unberechenbare Sphinx, das Volk, vor ich.
man hat keines der ewigen Menschheitsrätsel lösen können,
und nun zittert man vor dem Tatzenschlag. Wie, wenn nun
gar der rechtmäßige Herr des Landes aus der Fremde heim-
kehrte? Den Eintagsgötzen von heute schlottern die Knie.
Der Präsident dieser Bersammlung, die das Deutsche
Reich auf Abbruch an den Feind verkauft hat, steht offen-
sichtlich schon vor dem nervösen Zusammenbruch. Fehrenbach
ist als Geschäftsführer bei weitem geschickter als der hilflos
stammelnde Haußmann, dieses bemooste Uberbleibsel vor-
märzlicher Kleinstaatdemokratie. Aber Fehrenbach wird —
zu seiner Ehre wollen wir es annehmen — von einem bösen
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