sprechen möchte, tobt, weil man ihn nicht durchläßt: wo bleibe
da die verfassungsmäßige Offentlichkeit der Verhandlungen?
Za, es ist eine böse Welt heutzutage. Aicht einmal mit
Handgranaten an der preußischen Verfassung mit-
arbeiten soll man meh, — „das Volk“ wird immer mehr
entrechtet.
In dem Hohen Hause selbst an die ierhundert neue Ge-
sichter und dazu nur ein paar Outzend alte. Ee ist wirklich
gründlich Kehraus gehalten worden. „Das alte Preußen ist
dahin!" kann, in diesem Hause nicht ohne Berechtigung, der
vorläufige Ministerpräsident Hirsch erklären, der die einleitende
Rede verliest. Dieselbe Rede, wie wir sie sechs-, acht-,
zehrmal in Weimar auch gehört haben. Ee sitzen ja auch min-
destens sechs, acht, zehn völlig gleiche Typen auf den Minister-
bänken hier wir dort: Leute, die wie auch Hirsch vorher
sozialdemokratische Parteijournalisten mäßigsten Kalibers ge-
wesen sind. Sie haben entweder stenographiert und hekto-
grapbhiert oder für irgendeine „Volksstimme“ in Krähwinkel
handfeste Leitartikel mit viel „Jesinnunk“ und wenig Kultur
geschrieben. Hirsch sagt, bisher seien die Wege zu den höchsten
Stellen nur einer kleinen Zahl Bevorzugter offen gewesen,
im neuen Preußen aber werde jedes Talent zur vollen Aus-
wirkung gelangen. Was heißt das in Wirklichkeit? Daß einem
heute der „Vorzug“, den bisher Arbeit und Studium, Era-
mina und Dienstalter ausmachten, am Ende der Laufbahn
hböchstens zu der Stelle eines vortragenden Rates mit 8—12000
Mark Jahresgehalt verhilft, während höher hinauf bis zu den
Ministerposten mit 64,000 Mark nur das „Talent“ gelangt,
das sich in der Stille der Volksversammlungen gebildet hat
und in der Einsiedelei der öffentlichen Meinung groß geworden
ist. Die Partei ist die Gnadenspenderin, nicht mehr der über
den Parteien stehende König. Oie treue alte Maschine läuft
nun noch; und da wirft Hirsch sich in die Brust: die Sozial-
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