Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

und Klassenstaates gebrandmarkt haben. Zede Regierung 
muß sich eben behaupten, wenn überhaupt Ordnung im Lande 
sein soll; von Adolf Hoffmann aber bekommt die jetzige Re- 
gierung genau das zu hören, was sie früher hundertfach dem 
alten System“ vorgeworfen hat. Kein Wunder, daß die 
Sozialdemokraten da nervös werden. Hoffmann klagt sie 
an, daß sie, oft ohne die Schuldfrage zu untersuchen, in dem 
jetzigen Bürgerkriege durch ihre „Noske-Garde“ die Leute 
niederschießen ließen. 
„Zejen Willem dem Zweiten ha'm Se jewettert, weil 
er nich wollte, daß in China Pardong wirde jejeben, 
und nun machen Se's an die eich'nen Landesbrieder!“ 
Stundenlang erzählt Hoffmann, immer mit Datum und 
Namen und Hausnummer, was für schreckliche Moritaten 
in Berlin von den Truppen verübt würden. Eine Samm- 
lung von Hunnenbriefen. Bieles davon ist sicherlich beweis- 
loser Tratsch, manches mag freilich stimmen. Krieg ist eben 
kein Pfänderspiel um Küsse, sondern ein „roh gewaltsam 
Handwerk“; aber dieser Bürgerkrieg ist von den Un- 
abhängigen und Spartakisten angezettelt, wir an- 
deren sind im Stande der Notwehr. Das ist es, was auch 
immer wieder die Empörung des Hauses wider den Redner 
gexpplodieren läßt, wenn er nicht gerade in behaglichem Mutter- 
witz mit Zwischenrufen Fangeball spielt, sondern in sitt- 
licher Entrüstung macht. Er schildert anschaulich, wie er selber 
sich zu seiner Wohnung dieser Tage nur sprungweise, von 
Haustor-zu Haustor, habe retten können, weil immer wieder 
der gellende Ruf der Posten: „Straße frei!“, auf den ein 
„sinnloses“ Schießen folgte, die Passanten gescheucht habe. 
Za, ist das nicht in der ersten Januarwoche genau so gewesen, 
als es die Spartakisten und Unabhängigen machten? Wir, 
die wir im sogenannten Zeitungsviertel von Berlin wohnen, 
werden das unser Lebtag nicht vergessen; und une ist es jeden- 
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