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kaum glaublich halten wird, nur zweimal offiziell gesehen, einmal auf
seinem Schlosse zu Lochau und das andere Mal 1521 zu Worms
auf dem berühmten Reichstag.
Die Vorladung nach Rom, die Luthern, wie erzählt, im August 1518
geworden war, entsprach also niemandes Interesse, als dem der Röm-
linge, die Luther sicher nicht lebend wieder aus der Stadt des Heiligen
Petrus hinweggelassen haben würden. Dagegen empfand es Kurfürst
Friedrich als einen Eingriff in seine landesherrlichen Rechte, daß man
einen Professor seiner Universität ohne ihn zu fragen nach Rom vorlud.
Hatten darum Ernst und Albrecht, sein Vater und sein Oheim, so
energisch gegen alle diese römischen Eingriffe Widerspruch geleistet?
Auch die Universität erhob ihre Stimme. Und so legte Friedrich der
Weise ernstlichen Einspruch gegen die Vorladung Luthers nach Rom
ein; der Papst aber, gesonnen, die Kandidatur des spanischen Karl
nicht zu unterstützen und wohl bewußt des alten geheimen Gegen-
satzes zwischen den Ernestinern und den Habsburgern, hatte keine
Ursache, den Kurfürsten zu reizen. Er bewilligte also, daß Luther
vor dem schon genannten Thomas de Vio, dem päpstlichen Kardinal-
legaten für den augsburger Reichstag, in Augsburg vor Zeugen ein
Verhör bestehen sollte. So ging Luther, geschützt durch das Ansehen
seines Kurfürsten, nach Augsburg, erhielt sogar nachher einen kaiser-
lichen Geleitsbrief, war aber freilich im Innern überzeugt, daß er
doch wohl nicht davonkommen werde. Er langte da am 7. Oktober
an und sah sich von manchem bedeutenden Manne herzlichst empfangen,
wie z. B. von dem berühmten Humanisten und Ratsherrn Konrad
Peutinger, dem Kanonikus Langemantel u. a. Seine Unterkunft fand
er im Karmeliterkloster, und zwar wohlwollend ausgenommen durch
dessen Prior Johann Frosch. Es ist bekannt, daß der hochmütige
Kardinal, der dem Dominikanerorden angehörte und schon darum
Luther nicht objektiv begegnen konnte, trotz der ansänglichen Demut
des Augustiners nicht vorwärts mit ihm kam und sich wider Willen,
obgleich er nur die sechs Buchstaben revoco (ich widerrufe) von
ihm verlangte, sich in eine Disputation mit ihm hineingezogen sah.
Schließlich, als man beim dritten Besuche Luthers, nachdem dieser dem
Kardinal auch noch eine schriftliche Rechtfertigung eingehändigt hatte,
ein Schriftstück, das uns einen wohlthuenden Blick in die ernst em-
Sturmhoefkelr, Geschichte der sächsischen Lande. 68