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Vereinigung einer Vielheit von Staaten zur organischen Einheit.
Der Monarch des Gliedstaates ist nur Mitträger der Reichsgewalt,
weil und solange er Träger der Gliedstaatsgewalt ist.) Hört er auf,
das Zweite zu sein, ist er allerdings auch nicht mehr das Erste. ?)
Tritt an seine Stelle im Staate ein anderes Subjekt gleichen Ranges,
so wird dieses zugleich Mitsouverän des Reiches; bleibt der Thron
ledig, so erledigt sich auch das Recht der Antheilschaft am Reiche,
soweit es einem Menschen zu eigenem Recht zusteht, der weg-
gefallene Monarch hat es verloren, der künftige noch nicht erworben.
Der zeitweilige Mangel des Trägers der Staatsgewalt ist aber für
seinen Staat als solchen unwesentlich, deshalb auch für dessen recht-
liche Beziehungen zu anderen, gleich- oder übergeordneter Staaten,
soweit diese Beziehungen ihn in seiner Totalität ergreifen, unerheblich.
Die Fortdauer des regelmässigen Rechtsverhältnisses zwischen
Reich und Staat auch während des Interregnums im letzteren lässt
sich nun ferner wie eben formal auch aus inneren Gründen erweisen.
Was zunächst die Frage nach der Fortdauer des Reiches als solchen
während eines Interregnums anlangt, so ist diese abgesehen von dem
oben Ausgeführten schon um deswillen unzweifelhaft, weil das Reich
sogar dann nicht aufhören würde zu existiren, wenn eines seiner
Glieder seine staatliche Existenz verlöre, sei es dass dieser Staat
durch Verschmelzung mit einem anderen, sei es sonstwie als be-
sonderes Gemeinwesen zu leben aufhören würde. Es würde im letz-
teren Falle der Staatenbestand des Reiches sich verändern, eventuell
das Reichsgebiet sich verkleinern, die Herrschaft des Reiches in Be-
ziehung auf einen Theil ihrer räumlichen Ausdehnung endigen. Aber
das würde die Existenz des Reiches nicht berühren, weil dieses eine
von der Summe seiner Glieder verschiedene eigene, selbständige
Person ist. Wie viel weniger kann deren Existenz in Frage ge-
zogen werden, wenn der Gliedstaat Staat zu sein nicht aufhört! Die
Wesenheit des Reiches wird aber auch nicht etwa dadurch modificirt,
dass der Interregnumsstaat seine Zugehörigkeit zum Reiche verlöre. Mit-
1) Lapann I. S. 89. „Es kann im deutschen Reiche keine Personalisten
geben.“
2) Aber auch nur dann; solange er rechtlich Monarch seines Staates ist,
bleibt er auch Mitträger der Reichsgewalt. Es ist desbalb unrichtig, wenn
LaBanD a. a. O. sagt, dass im Falle der Regentschaft nicht der „nominelle“ Monarch,
sondern der Regent Mitsouverän des Reiches sei. Mitsouverän bleibt der regierungs-
unfähige „nominelle* Monarch, denn er bleibt de jure Inbaber der Staatsgewalt;
der Regent übt lediglich im Namen des Unfähigen dessen Mitsouveränetäts-
rechte aus.