Full text: Das Interregnum.

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ständigkeit entsprechenden Ausübung soll ja nach dem Sinne der 
Reichsverfassung gerade die hegemoniale Stellung Preussens im 
Reiche zum Ausdruck gebracht werden.') Sie wachsen auch nicht 
etwa dem Bundesrathe als Vertreter des Reichssouveräns zu; denn 
ihre Verknüpfung mit einem Subjekte der Kaiserwürde soll ja gerade 
die durch den Reichssouverän und sein Organ, den Bundesrath, nicht 
ausführbare einheitliche Lösung eines Kreises der Staatsaufgaben er- 
möglichen und dabei jene die Rechtslage der tibrigen Reichsmitglieder 
überragende Stellung der preussischen Vormacht bewirken. 
Steht es nun fest, dass das Recht auf die Kaiserwürde seiner 
Zuständigkeit wie seiner Ausübung nach ein Recht der preussischen 
Krone ist, und ist es ferner sicher, dass dieses Recht nicht dem Könige 
von Preussen als physischer Person, sondern als dem Repräsentanten 
des preussischen Staates, als dem Träger der Staatsgewalt der Vor- 
macht Preussen zukommt, so kann auch während des preussischen Inter- 
regnums die Ausübung der Präsidialbefugnisse im Reiche vom preussi- 
schen Staate nicht. losgelöst sein. Sie kann und muss folglich allein 
durch das Subjekt der provisorischen Regierung in Preussen geschehen. 
Wie dieses bestimmt wird, ist Verfassungsfrage Preussens. Es ist 
also möglich, dass die preussischen Kammern zur Wahl der Person 
zuständig sind, welche die kaiserlichen Präsidialbefugnisse interi- 
mistisch auszuüben hat.?) 
Die rechtliche Stellung der preussischen Reichsverwesung zum 
Reiche ist nun ebenso mehrseitig wie die des Kaisers, da die Rechte, 
die sie ausübt, auch bei ihrer Verknüpfung mit dem Kaiser verschie- 
denen Charakter besitzen. 
Soweit zuvörderst die provisorische Regierung den preussischen 
Staat als Mitglied des Reiches repräsentirt, ist sie zur Mitbildung 
des Reichswillens berufen wie der König, übt sie den Antheil an 
der Reichsgewalt aus, der jenem zustand, nur mit dem Unterschiede, 
dass ihr die preussische Staatsgewalt in ihrer Richtung auf den Antheil 
an der Reichsgewalt nicht zu eigenem Recht wie dem Könige zu- 
steht. Sie ist also nicht Mitträgerin der Reichsgewalt, nicht Mit- 
souverän, sondern Unterthan des Reiches, aber faktisch an der Reichs- 
regierung ebenso betheiligt, wie es die provisorische Regierung jedes 
anderen monarchisch organisirten Gliedstaates im Interregnum sein 
würde. 
Was nun die Rechte des Kaisers anlangt, welche diesem als 
1) Vgl. Lasan 1. S. 198 f. 
2) Siehe Preuss. VU. a. 57 und oben S. 84. 
 
	        
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