— 117 —
haupt nicht die Rede sein. Man wird konsequenter Weise sagen
müssen, dass dann allein die provisorische Regierung ein Gesetz
wegen der Thronfolge erlassen kann. Freilich ist das gerade einer
der Punkte, wo es leicht möglich ist, dass die Thatsachen am Rechte
vorübergehen, möglicher Weise das Recht durch ihre Uebermacht ver-
ändern können.
V. Nieht schon die Bestimmung des neuen Trägers der Staats-
gewalt, sondern erst dessen Erklärung, er wolle Träger der Staats-
gewalt werden, erst die Annahme der Wahl seitens des Gewählten
bringt das Interregnum zu Ende, es müsste denn dieses Ende durch be-
sondere Norm an einen anderen Zeitpunkt geknüpft sein, wie z. B. im
alten deutschen Reiche an die Beschwörung der Wahlkapitulation.
Eine Rückdatirung des Thronerwerbs findet in keinem Falle statt;
sie wäre eine unzulässige und überflüssige Fiktion. Die Annahme
der Wahl ist nicht Annahme einer Vertragsofferte, Wahl und An-
nahme der Wahl bilden keinen Vertrag;!) beide sind einseitige, wenn
auch zu einander in Beziehung stehende Akte.
VI. Mit der Beendigung des Interregnums setzt sich das staat-
liche Leben der Verfassung entsprechend in derselben Weise fort
wie es vor dem Interregnum geschah. Es folgt dies aus dem Satze,
dass das Interregnum den Staat und seine Verfassung unberührt
lässt, aus der Dauer der Einheit der Staatspersönlichkeit. Das gilt
insbesondere von den Bestimnungen über die Rechtsstellung des
Monarchen, deren Anwendungsgebiet sich durch das Ende des Inter-
regnums erneut. Eine Aenderung solcher Rechtsnormen durch Verein-
barung zwischen den Wählern und dem Thronkandidaten ist aus-
geschlossen, sie kann aber natürlich im Wege der Gesetzgebung vor
und nach der Annahme der Berufung geschehen.
Die Frage, ob der neue Monarch an die Regierungshandlungen
der provisorischen Regierung gebunden sei, ist vom Standpunkte der
hier vertretenen Auffassung vom Staate und von der Rechtsstellung
des Monarchen, wie von der Natur des Interregnums ebenso zu be-
jahen wie die viel umstrittene Frage nach dem Gebundensein des
Thronfolgers an die Handlungen des Vorherrschers oder des soge-
nannten Zwischenherrschers. ?)
1) Das scheint die Auffassung JELLINERS zu sein; System $. 198 f.
2) v. GERBER, Grundzüge S. 98; G. Meyer, Staatsrecht S. 18.