Full text: Das Interregnum.

II. Dogmatisches. 
89. 
Die Frage. 
Es sind bereits in der Einleitung ($ 2) die Ereignisse aufgezählt 
worden, an deren Eintritt sich ein Interregnum im Sinne dieser Ab- 
handlung knüpft. Alle die dort genannten juristischen Thatsachen, 
um sie kurz noch einmal in der Hauptsache anzuführen: Wegfall des 
Monarchen in der Wahlmonarchie, Aussterben der Dynastie ohne 
Successionsberechtigten, Verzicht des oder der letzten lebenden Sprossen 
eines Fürstengeschlechts unter Ermangelung anderer Folgeberechtigter, 
Wegfall des Monarchen ohne successionsberechtigte Descendenz mit 
Hinterlassung einer schwangeren Wittwe — alle diese Thatsachen 
haben die gemeinsame Eigenschaft und Wirkung, dass sie in der Ein- 
herrschaft den Einherrscher zum Wegfall bringen, ohne ihm unmittelbar 
einen anderen, den Thron nicht nur provisorisch !) innehabenden Ein- 
herrscher folgen zu lassen. 
Die nächste Frage, die sich bei der Betrachtung dieses eigen- 
artigen staatlichen Zustands aufdrängt, ist die: Wem steht die Staats- 
gewalt während des Interregnums zu, wer ist der oder wer sind die 
Inhaber, die sinnlich wahrnehmbaren Träger dieser Gewalt zu eigenem 
Rechte? Giebt es überhaupt im Zwischenreiche ein persönliches Subjekt 
der Staatsgewalt? 
Nach dem Ausfalle der Antwort auf diese letzte Frage wird sich 
die Darstellung des Weiteren zu richten haben. Lautet sie bejahend, 
so bedarf es einer Schilderung der Rechte und Pflichten des interi- 
mistischen Gewaltenträgers und seiner Stellung im Staatskörper tiber- 
  
1) Ich suche durch Aufstellung dieses Begriffsmerkmals von vornherein dem 
Widerspruche derer zu begegnen, welche z. B. im Interregnum der Wahlmonarchie 
oder bei der Schwangerschaft der Fürstin-Wittwe den wirklichen Träger der 
Staatsgewalt im Reichsverweser erblicken. Wäre dieser das Subjekt der Gewalt, 
so wäre es wenigstens nur für eine rechtlich begrenzte Dauer. 
TRIEPEL, Interregnum. 4
	        
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