ihrem hervorragenden Gedächtnis, an allem teil, was Wohltätigkeit,
Politik, Erfindungen und wissenschaftliches Leben anlangte, und konnte
auch in gewisser Weise mit der Zeit mitgehen. Tieferschütternd war
es zu beobachten, mit welcher inneren Größe sie die schweren Kriegs-
jahre, die Revolution und die Nachkriegszeit ertrug. Durch ihren Tod
habe ich unendlich viel verloren. Sie war die Letzte aus der großen
alten Zeit.
Ihr Gemahl, Großherzog Friedrich, hat mir nicht weniger nahe
gestanden. Mit seinem weisen Rat, seiner stärkenden Aufmunterung
ist er mir stets ein väterlicher Freund gewesen. Daß seine ehrwürdige
Gestalt bereits 1907 ins Grab sank, hat mich mit großem Schmerz
erfüllt.
IV.
Wenn ich nun des alten Kaisers nächste Umgebung mit kurzen
Strichen zu zeichnen versuche, so steigen vor meinem geistigen Auge vier
Gestalten wieder auf, die längst schon ins Grab gesunken sind, aber im
Gedächtnis leben werden, solange man von Kaiser Wilhelm und seinen
Getreuen spricht: Albedyll, Lehndorff, Radziwill und Wilmowski.
General v. Albedyll war der Chef des Militärkabinetts. Seine
Fähigkeiten für diesen Posten waren hochbedeutend, denn umfang-
reiches Wissen, untrügliches Gedächtnis, scharfer Verstand und eine
außerordentliche Arbeitskraft prädestinierten ihn zu seiner verantwort-
lichen Stellung in der preußischen Armee. Er kannte in der Tat
die ganze Rangliste auswendig, ihm waren die Lebensläufe nicht nur
der Offiziere, die setzt im Heere standen, sondern auch von deren
Bätern geläufig. Die Besetzung der Führerstellen der Armee hatte
er bei der Mobilmachung 1870 in einer Nacht gemacht. Er besaß
das uneingeschränkte Vertrauen nicht nur des Kaisers, sondern auch
meines Vaters. Er ist nach meinem Regierungsantritt noch Kom-
mandierender General geworden und hat von mir den Schwarzen
Adlerorden erhalten.
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