jener Begeisterung, die wohl alle deutschen Jungen diesem Musik-
instrument entgegenbringen, zu einer gewissen GFertigkeit, und war
die Wirkung vielleicht auch nicht immer harmonisch vollendet, so war
sie doch gewiß geräuschvoll. Und das war für einen Zungen in meinem
Alter zweifellos die Hauptsache! Ihm aber, dem Braven, der sich
so wackere Mühe gab, mich zu einem Melster auf dem Kalbfell zu
machen, habe ich durch die Zahrzehnte einen Platz in meinem Herzen
bewahrt. Ist doch die Erinnerung an ihn ein Stück unvergeßlich glück-
seliger Kindheit!
Langsam trat nun aber sozusagen der Ernst des Lebens an mich
heran. Es geschah dies zuerst in Gestalt des Seminarlehrers Schüler
aus Potsdam, dem das Schicksal die Aufgabe gestellt hatte, mich in
die Geheimnisse des Schreibens und Lesens einzuführen. Er war
ein guter, lieber Mann, den ich unendlich gern gehabt habe. Schöne
Stunden gemeinsamer Arbeit und Erholung haben wir insbesondere
in Erdmannsdorf erlebt.
Mit jenen Tagen des Krieges von 1866 beginnt nun aber auch
in der Geschichte meiner Erziehung ein neuer Abschnitt. Denn da-
mals erhielt ich, wie ein halbes Jahr zuvor einen Militärgouverneur,
so jetzt auch einen zivilen Erzieher, und eine Bersönlichkeit trat da-
mit in mein Leben, die von bestimmendem Einfluß auf meine ganze
geistige Entwicklung werden sollte.
S
Georg Hinzpeter war nicht ganz 30 Jahre alt, als er mein Er-
zieher wurde. Er war aus Bielefeld gebürtig und hatte das dortige
Gymnastum besucht, an dem sein Bater Professor war. Nach dem
Studium der Philosophie und der klassischen Philologie, das er mit
der Promotion zum Doktor der Philosophie abschloß, wurde er zu-
nächst Lehrer am Gymnasium seiner Heimatstadt. Er übernahm in
den fünfziger Zahren die Stelle eines Erziehers bei den beiden
Prinzen zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, dann bei dem Grafen
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