Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

v. Gottberg auf dem Kurfürstenhügel den Gang der berühmten 
Schlacht vortrug. Am Nachmittag standen wir in Wustrau am 
Grabe des großen Reiterführers Hans Joachim v. Zieten und ge— 
dachten der Siege, die er seinem großen Könige in drei Kriegen ge- 
wonnen hatte. Am nächsten Tage weilten wir in Rheinsberg, wo 
einst der junge Fritz die schönsten Jahre seines Lebens zugebracht 
und sich auf sein Königtum vorbereitet hatte. Park und Schloß 
machten als Zeugen dieser großen geschichtlichen Erinnerung tiefen 
Eindruck auf ung Knaben. Im Arbektszimmer des Königs, wo 
unter anderem der Antimachiavell entstanden ist, fand mein Vater 
unter der Tünche die alte goldfarbige Malerei der friderizianischen 
Zeit, und sogleich machte er sich mit unserer eifrigen Unterstützung 
daran, mit der Scheuerbürste die Leimfarbe abzuwaschen. Ich habe 
späkter die ursprüngliche Malerei vollkommen freilegen lassen. 
Diese Wanderfahrten bedeuteten in unserem Schulleben immer 
höchst angenehme Unterbrechungen, die uns nicht oft genug beschert 
werden konnten. Ich glaube wohl, daß wir auf ihnen mehr an ge- 
schichtlicher Erkenntnis gelernt haben als aus tausend Büchern. 
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AIm Jahre 1871 machte ich wiederum mit meinen Eltern und 
Geschwistern eine Reise nach England. Die erste Zeit brachten wir 
in London zu, die letzte auf der Insel Wight. Da ich großes Inter- 
esse für Seeschiffe und Seewesen überhaupt hatte, so fuhr ich öfters 
nach dem gegenüberliegenden großen Kriegshafen Portsmouth und 
sah dort die Schiffe alter und neuerer Konstruktion nebst den Werften 
und Werkstätten. Ich war auch auf dem Linienschiff „Victory“, 
welches der große Seeheld Nelson in der Schlacht von Trafalgar 
kommandierte und auf welchem er den rühmlichen Tod fürs Bater- 
land starb. Uberhaupt versuchte ich, sovkel als ich nur konnte, meine 
Kenntnisse in bezug auf Glottenwesen zu bereichern, einmal auch war 
ich in dem noch viel größeren und berühmteren Hafen Blopmouth.= 
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