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ist jedoch lediglich ein Dienstbefehl, der nicht die Gesamtheit der
Antertanen trifft, sondern nur die in Betracht kommenden Be—
hörden angeht.
Die Mitwirkung des Bundesrates bei Aufstellung des
Etats ist dieselbe wie beim Zustandekommen jedes anderen for—
mellen Gesetzes. Nicht der übereinstimmende Beschluß von
Reichstag und Bundesrat, sondern erst der Sanktionsbeschluß
ist es, der dem vom Reichstag und Bundesrat gemeinsam fest—
gesetzten materiellen Inhalt die bindende Kraft eines formellen
Gesetzes verleiht. Ausschlaggebend bei der überaus wichtigen
Entscheidung, welche Einnahmen und Ausgaben des Reiches als
Voranschlag auf den Reichshaushaltetat gebracht werden
sollen, ist also der Wille der Gesamtheit der Einzelstaaten.
Durch Art. 72 d. RW. wird dem Bundesrat und dem
Reichstag die Rechnungsprüfung über die Verwendung aller
Einnahmen des Reiches und die Entlastungserteilung des
Reichskanzlers zugewiesen. Auch diese Tätigkeit des Bundes-
rates ist, obgleich sie seiner Mitwirkung bei der Gesetzgebung
vollständig gleichkommt, aus denselben Gründen wie die Auf-
stellung des Etats als ein Akt der Verwaltung anzusehen.
In den Jällen eines außerordentlichen Bedürfnisses kann im
Wege der NReichsgesetzgebung die Aufnahme einer Anleihe, so-
wie die Abernahme einer Garantie zu Lasten des Reiches er-
folgen 51). Die JFassung dieser Bestimmung ist, wie v. Sey-
del 55) hervorhebt, mißglückt. Die Aufnahme eines Darlehens
ist privatrechtlich ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, zu dessem Ab-
schluß der Wille des Darlehensnehmers allein nicht genügt.
Wollte man also „im Wege der Reichsgesetzgebung“ eine
Staatsanleihe aufnehmen, so müßte zur rechtlichen Wirksamkeit
dieses Darlehensvertrages noch die Willenserklärung des Dar-
lehensgebers hinzukommen. Der Sinn des Art. 73 d. Re. soll
offenbar nur der sein, daß im Wege der Reichsgesetzgebung die
54) Art. 73 d. RV.
55) Kommentar S. 401.