Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
86 Bergbau und Hüttenwesen. VI. Buch. 
  
Die deutsche Produktion an Blei hat sich in den letzten 25 Jahren wenig ver- 
ändert; sie belief sich 1912 auf 165 000 Tonnen, das sind 14% der Weltproduktion. 
Seit 4 Jahren hat Deutschland den dritten Platz als Bleiproduzent inne. 
Die Kupferhochöfen, welche die meist sehr armen Erze (2—8% Kupfer) 
zunächst auf ein kupferreicheres Mittelprodukt, den Kupferrohstein, ver- 
schmelzen, haben beinahe dieselbe Wandlung durchgemacht, wie die Eisenhochöfen. Das 
Rauhgemäuer fiel weg, man baute die Ofen freistehend und verwendete oft nur einen 
mit Wasser gekühlten Eisenmantel als Ofenschacht. Die Trennung der im Ofen er- 
schmolzenen Massen, Schlacken und Kupfersteine geschieht heute meist auf fahrbar ein- 
gerichteten Vorherden. In Mansfeld wird der Wind neuerdings in steinernen Winderhitzern 
vorgewärmt und die Gichtgase in Gaskraftmaschinen ausgenützt, während die Schlacke 
durch langsames Tempern zu Pflastersteinen verarbeitet wird. Auch durch Verbesserung 
der Röstöfen für die Kupfererze und den Kupferstein wurde eine wesentliche Vervoll- 
kommnung der Röstung und der Verwertung der Röstgase auf Schwefelsäure erzielt. 
Der Kupferrohstein wird auf deutschen Hütten nur durch nochmaliges Rösten 
und Schmelzen so weit angereichert, daß er dann endlich auf metallisches Rohkupfer 
verschmolzen werden kann. 6 
Das diese Arbeiten vereinigende, wesentlich einfachere und schnellere Verfahren 
des Verblasens (Kupferbessemerns) des Kupferrohsteines bis auf Rohmetall hat in 
Deutschland keinen Eingang gefunden, weil die schwefligen Säuregase des Konverter- 
betriebes bisher weder unschädlich noch nutzbar gemacht werden konnten. Edelmetall- 
freies Rohkupfer raffiniert man durch Verschmelzen in Flammäöfen; zur Scheidung 
edelmetallhaltigen Kupfers wendet man neuerdings allgemein die elektrolptische Tren- 
nungsmethode an. Die Versuche, die Elektrolyse in einem früheren Stadium der Kupfer- 
hüttenprozesse anzuwenden, haben in Mansfeld nach dem Verfahren von Borchers, 
Franke und Günther Erfolge gehabt. Es wird hierbei ein Kupferstein in Konzentration 
von 72% aufwärts der Elektrolpse unterworfen. Die Produktion an Kupfer belief sich 
in Deutschland im Jahre 1887 auf 20 192 Tonnen. Sie zeigt langsam steigende Tendenz 
und erreichte im ZJahre 1912 die Zahl von 24300 Tonnen, wovon Mansfeld allein 
20500 Tonnen lieferte. Der Anteil an der Welterzeugung ist dagegen infolge der ganz 
enormen Produktionssteigerung Nordamerikas und der Kupfererzarmut Deutschlands 
wesentlich zurückgegangen. 
Kupfer. 
Die Zinnproduktion Deutschlands betrug im Jahre 1887 nur 66 Tonnen. 
Sie stieg infolge der Errichtung einer Zinnhütte in Tostedt an der Bahn 
Bremen—Hamburg, welche bolivianische Erze verarbeitet, im Jahre 1900 bereits 
auf ca. 2000 Tonnen, um nach Errichtung weiterer Zinnhütten in Essen und bei Hamburg 
im Jahre 1912 die Zahl von 12500 Tonnen (10% der Weltproduktion) zu erreichen. 
Zn Deutschland werden ferner jährlich etwa 80000 Tonnen Weißblechabfälle, haupt- 
sächlich nach mehreren teils elektrochemischen (Goldschmidt-Essen), teils rein chemischen 
Verfahren (Brandenburg-Kempen) entzinnt und zum Teil auf metallisches Zinn, 
Zinn. 
  
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