Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

192 Studien über 
zeugt sein, dass sein Hof geschlossen bleiben müsse, wenn seine 
Familie nicht darauf verarmen solle; er mag es selbst für gut 
halten, wenn ein rechtlicher Zwang den Interesse der Familie 
zu Hilfe kommt; er wird es in der Regel doch nicht thun. Mag 
man cs Indolenz nennen, was ihn nicht dazu kommen lässt, 
oder mag man es, wohl richtiger, Misstrauen nennen, was ihn 
davon abhält; gleichviel, die Sache ist so. Und nun vollends 
ein so künstliches und verwickeltes Rechlsinstitut, wie ein gemein- 
rechtliches Fideicommiss ist! Es ist ganz undenkbar, wie das- 
selbe bei unsern Bauern hätte Eingang finden können. Und so 
ist es auch in der That. Auf vielfache Erkundigungen hin habe 
ich von Personen, welche diese Verhältnisse ihres Berufes wegen 
‚genau kennen, gehört, dass nicht ein einziger Fall von einem 
derarligen Rechtsinstitut unter Bauern bekannt sei. 
Ebenso wenig ist ein Fall bekannt, dass Eheverträge 
von unserem Landvolk dazu angewendet werden, um miltlelst 
Abänderung der Inleslaterbfolge ein Gut geschlossen zu halten. 
Solche Verträge kommen sehr häufig zum Abschluss behufs der 
Abänderung des landrechtlichen-Vermögensverhällnisses unter den 
Ehegatten selbst, zum Zweck der vorsorgenden Verfügung über 
die Erbfolge oder die Erbtheilung unter den Kindern gar nicht, 
Der Grund davon ist sicherlich kein anderer, als die bereits be- 
zeichnete dem Bauernstand eigenthümliche Scheu, sich im Voraus 
in der freien Verfügung über sein Vermögen zu binden. 
Dagegen kommt allerdings das erste der angegebenen Rechts- 
mittel vor, nämlich die Errichtung eines Testaments, durch welches 
einem Kind mit Verkürzung der übrigen Kinder der Hof vermacht 
wird. Indessen sollen auch solche Testamente verhältnissmässig 
noch immer selten sein, und dann macht die Nothwendigkeit, 
allen Notherben mindestens ihren Pflichttheil zu hinterlassen, dem 
Besitzer nicht selten es geradezu unmöglich, das Gut an einen 
Erben zu bringen. 
Am leichtesten kann diese Unmöglichkeit eintreten bei solchen 
Gütern, welche, wie es im Schwarzwald häufig vorkommt, zum 
grösseren Theil aus Waldungen bestehen. Hier ist der Unter- 
schied zwischen dem Verkaufswerth eines Guts, der bei der 
Inventarisirung einer Erbschaft zunächst in Betracht kommt, und
	        
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