Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

aus den Handlungen einer Zwischenherrschaft. 93 
strengsten. Auffassung hat mit dieser Frage an sich gar nichts 
zu schalfen. Mit der Patrimonialitäts-Theorie, welche 
in dem frühern deutschen Staatsrecht allerdings für die Bestim- 
mung der Rechte der Territorialherren sehr maassgebend gewesen 
ist, konnte man freilich zu der Folgerung gelangen, dass der 
restaurirte Fürst die Regentenhandlungen des Usurpalors ebenso- 
wenig anzuerkennen brauche, als der Eigenthümer einer Sache 
die Verfügungen eines unberechtigten Besitzers derselben. Allein 
es bedarf wohl hier keines weitern Nachweises, dass das deutsche 
Staatsrecht, wenn es auch in gewissem Sinne ein Eigenthum 
des Fürsten an der Staatsgewalt anerkannte, schon längst die 
privatrechtlichen Analogieen vom Eigenthum an beweglichen 
und unbeweglichen Sachen zurückgewiesen hat. Denn man 
konnte nicht verkennen, dass sich ein lebendiger Staatsorganismus 
nicht mit einem Grundstück vergleichen lasse und dass die Be- 
deutung jenes staatsrechtlichen Eigenthums nur aus der 
Natur und dem Wesen seines Objecles, des Staates nämlich, 
ihre rechtliche Begrenzung erhalten könne. Daher musste man 
selbst bei einer vernünftigen Auffassung der Patrimonialitäts- 
Theorie nothwendig zu dem Resultate gelangen, dass der Staat 
als lebendiger Organismus nicht zu existiren aufhöre, wenn auch 
der legitime Inhaber der Staatsgewalt von der Regierung aus- 
geschlossen werde, und dass das Unrecht, welches in seiner 
Vertreibung oder Ausschliessung liegt, nicht auch die Rechts- 
ungültigkeit der Acte der usurpatorischen Regierung im Gefolge 
haben könne. Man kann es daher nur als einen auf Haller'- 
schen Theorieen beruhenden Irrthum und als eine der fürstlichen 
Gewalt selbst höchst nachtheilige Uebertreibung betrachten, wenn 
in der Hannover’schen Abstimmung vom 5. Juni 1823 erklärt 
wird, dass die Lehre vom ewigen Staat „mit den Grundsätzen 
der Staatsgewalt zwischen Staatsoberhaupt und Volksreprä- 
sentation gerichtet. Wer rechtmässig als Staatsoberhaupt fungire, 
bleibt dabei ganz ausser Frage und der Satz der Hannover’schen Abstimmung 
vom 5. Juni 1823 (Protokoll der Bundesversammlung $. 98. S. 240), „dass 
ein staatsrechtlicher Zustand wegen dieses Princips unter einem eingedrungenen 
Regenten nicht bestehen könne“, beruht auf einer völligen Verwirrung der 
Begriffe,
	        
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