Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

— 276 — 
Vor der Entscheidung sind der Angeschuldigte sowie diejenigen, welche 
für den Angeschuldigten Sicherheit geleistet haben, zu einer Erklärung aufzu= 
fordern. Gegen die Entscheidung steht ihnen nur die sofortige Beschwerde zu. 
Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist den Betheiligten und der Staats= 
anwaltschaft Gelegenheit zur mündlichen Begründung ihrer Anträge sowie zur Er= 
örterung über stattgehabte Ermittelungen zu geben.  
Die den Verfall aussprechende Entscheidung hat gegen diejenigen, welche 
für den Angeschuldigten Sicherheit geleistet haben, die Wirkungen eines von dem 
Civilrichter erlassenen, für vorläufig vollstreckbar erklärten Endurtheils, und 
nach Ablauf der Beschwerdefrist die Wirkungen eines rechtskräftigen Civil= 
endurtheils. 
§. 123. 
Der Haftbefehl ist aufzuheben, wenn der in demselben angegebene Grund 
der Verhaftung weggefallen ist, oder wenn der Angeschuldigte freigesprochen oder 
außer Verfolgung gesetzt wird. 
Durch Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Angeschuldigten 
nicht verzögert werden. 
§. 124. 
Die auf die Untersuchungshaft, einschließiich der Sicherheitsleistung, bezüg= 
lichen Entscheidungen werden von dem zuständigen Gericht erlassen. 
In der Voruntersuchung ist der Untersuchungsrichter zur Erlassung des 
Haftbefehls und mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auch zur Aufhebung 
eines solchen sowie zur Freilassung des Angeschuldigten gegen Sicherheits= 
leistung befugt. Versagt die Staatsanwaltschaft diese Zustimmung so hat der 
Untersuchungsrichter wenn er die beanstandete Maßregel anordnen will, unver= 
züglich spätestens binnen vierundzwanzig Stunden, die Entscheidung des Gerichts 
nachzusuchen. 
Die gleiche Befugniß hat nach Eröffnung des Hauptverfahrens in dringen= 
den Fällen der Vorsitzende des erkennenden Gerichts. 
§. 125. 
Auch vor Erhebung der öffentlichen Klage kann, wenn ein zur Erlassung 
eines Haftbefehls berechtigender Grund vorhanden ist, vom Amtsrichter auf An= 
trag der Staatsanwaltschaft oder, bei Gefahr im Verzuge, von Amtswegen ein 
Haftbefehl erlassen werden. 
Zur Erlassung dieses Haftbefehls und der auf die Untersuchungshaft ein= 
schließlich der Sicherheitsleistung, bezüglichen Entscheidungen ist jeder Amtsrichter 
befugt, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand für die Sache begründet ist oder der 
zu Verhaftende betroffen wird. 
Die Bestimmungen der §§. 114—123 finden entsprechende Anwendung. 
§. 126. 
Der vor Erhebung der öffentlichen Klage erlassene Haftbefehl ist aufzuheben, 
wenn die Staatsanwaltschaft es beantragt, oder wenn nicht binnen einer Woche 
nach Vollstreckung des Haftbefehls die öffentliche Klage erhoben und die Fort=
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.