Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 398. 
Das Gericht, an welches die Sache zur anderweiten Verhandlung und 
Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurtheilung, welche der Aufhebung 
des Urtheils zu Grund gelegt ist, auch seiner Entscheidung zu Grund zu legen. 
War das Urtheil nur von dem Angeklagten oder zu Gunsten deeselben. 
von der Staatsanwaltschaft oder von einer der im §. 340 bezeichneten Personen 
angefochten worden, so darf das neue Urtheil eine härtere Strafe, als die in 
dem ersteren erkannte, nicht verhängen. 
Viertes Buch. 
Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen 
Verfahrens. 
§. 399. 
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Ver= 
fahrens zu Gunsten des Verurtheilten findet statt: 
1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt 
vorgebrachte Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 
2. wenn durch Beeidigung eines zu seinen Ungunsten abgelegten Zeugnisses 
oder abgegebenen Gutachtens der Zeuge oder Sachverständige sich einer 
vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schudig ge= 
macht hat; 
3. wenn bei dem Urtheil ein Richter, Geschworener oder Schöffe mit= 
gewirkt hat, welcher sich in Beziehung auf die Sache einer Verletzung 
seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern diese Verletzung mit 
einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden 
öffentlichen Strafe bedroht und nicht vom Verurtheilten selbst veran= 
laßt ist; 
4. wenn ein civilgerichtliches Urtheil, auf welches das Strafurtheil ge= 
gründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urtheil auf. 
gehoben ist; 
5. wenn neue Thatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, welche 
allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die 
Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen 
Strafgesetzes eine geringere Bestrafung zu begründen geeignet sind. 
In den vor den Schöffengerichten verhandelten Sachen können nur 
solche Thatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, welche der 
Verurtheilte in dem früheren Verfahren einschließlich der Berufungs= 
instanz nicht gekannt hatte oder ohne Verschulden nicht geltend machen 
konnte.
	        
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