Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Einbürgerung eines Ausländers auf Grund aktiven Heeresdienstes. S 12. 77 
Auch der § 11 spricht, wie ich dies schon bei § 9 Abs. 2 bemerkt habe 
(Anm. 4), von dem Wiedererwerb der Staatsangehörigkeit für einen ehe- 
maligen Deutschen, ohne daß vorher über den Grund des Verlustes etwas er- 
wähnt worden ist. Das Gesetz vom 1. Juni 1870 hatte die Renaturalisation 
bzw. die Wiederaufnahme eines Deutschen (§ 21 Abs. 4 u. 5) nur für den alleinigen 
Fall vorgesehen, daß dieser Deutsche seiner Staatsangehörigkeit durch zehn- 
jährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Ausland stillschweigend verlustig 
gegangen ist. Wenn das neue Gesetz in seinem § 11 eine Vergünstigung ein- 
treten läßt für diejenigen ehemaligen Deutschen, die während ihrer Minder- 
jährigkeit entweder durch die Entlassung ihrer Eltern (§§ 19 Abs. 2, 23 Abf. 2 
d. G.) oder unter Mitwirkung ihres sonstigen gesetzlichen Vertreters und des 
Vormundschaftsgerichts (§ 19 Abs. 1 d. G.) ihre Reichsangehörigkeit verloren 
haben, so ist dies ein Zugeständnis, dem ich die Anerkennung nicht versagen 
kann. Die Bestimmung scheint mir jedoch von einem so einengenden Rahmen 
umschlossen, daß die Fälle, auf die sie anwendbar ist, nur sehr wenig zahlreich 
sein werden. Ich bin durchaus damit einverstanden, daß in dem § 11 die jungen 
Leute, die im 21. Lebensjahre nach Deutschland zurückkehren, angehalten werden, 
innerhalb des zweijährigen Zeitraums vom 21. bis zum 23. Lebensjahr ihren 
Rechtsanspruch auf den Wiedererwerb geltend zu machen, damit sie ihrer Militär- 
pflicht genügen können. Aber warum sind auch diejenigen jungen Leute, die 
sicher sind, daß sie doch nicht für den Militärdienst tauglich befunden werden, 
vielleicht gar schon ein Zeugnis ihrer Untauglichkeit in der Tasche haben und 
erst in späterem Lebensalter nach Deutschland zurückkehren, von der Ver- 
günstigung des Rechtsanspruchs auf den Wiedererwerb ausgeschlossen? Warum 
werden die Deutschen weiblichen Geschlechts, die als minderjährige Kinder 
mit ihren Eltern zugleich ihre Staatsangehörigkeit verloren haben, auch in 
späterem Alter dieser Vergünstigung nicht teilhaftig? Wenn man glaubt, 
daß alle diejenigen, die vor dem 17. Lebensjahr unter Mitwirkung des gesetz- 
lichen Vertreters ihre Entlassung genommen haben, nur um der Militär- 
pflicht zu entgehen (KommBer. S. 75), so scheint mir das ein beklagens- 
werter Irrtum. Meine Amtstätigkeit in Paris während der kritischen Jahre 
1864, 1866 und 1870 und später im Auswärtigen Amt hat mir genugsam Ge- 
legenheit geboten, wahrzunehmen, mit welch treuer Hingebung selbst die im 
Auslande lebenden entlassenen ehemaligen Deutschen freiwillig dem Rufe 
folgten, obwohl sie annehmen durften, daß er nicht ihnen galt. Wie ich über 
den Verlustgrund der Entlassung denke, habe ich schon in der dritten Auflage 
meines Kommentars (S. 108 f.) und in meiner mehrgedachten Broschüre er- 
örtert, und ich werde nicht verfehlen, an geeigneter Stelle nochmals meine 
Stimme gegen diesen Krebsschaden des Gesetzes zu erheben. 
Im übrigen wird auf die Anmerkungen 4, 5 u. 6 zu § 10 verwiesen. 
8 12. 
Ein Ausländer, der mindestens ein Jahr? wie ein Deutscher 
im Heere oder in der Marine altiv gedient hat, muß" auf seinen 
Antrag von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen 
§ 12.
	        
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