Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1895. (86)

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Antrages, wenn der Antrag auf nicht anzurechnender Unkenntniß der Verhältnisse 
oder auf Unwissenheit beruht, Gebührenfreiheit zu gewähren. 
g. 8. 
Von der Zahlung der Gerichtsgebühren sind befreit: 
1) der Fiskus des Deutschen Reichs und des Preußischen Staates, sowie 
alle öffentlichen Anstalten und Kassen, welche für Rechnung des Reichs 
oder Staates verwaltet werden oder diesen gleichgestellt sind; 
2) alle öffentlichen Armen-, Kranken-, Arbeits= und Besserungsanstalten 
und Waisenhäuser; ferner milde Stiftungen / insofern solche nicht einzelne 
Familien oder bestimmte Personen betreffen oder in bloßen Studien- 
Stipendien bestehen, sowie endlich die Gemeinden in Armenangelegenheiten; 
3) alle öffentlichen Volksschulen; 
4) alle öffentlichen gelehrten Anstalten und Schulen, Kirchen, Pfarreien, 
Kaplaneien, Vikarien und Küstereien, jedoch nur insoweit, als nach dem 
Zeugnisse der zuständigen Staatsbehörde die Einnahmen derselben die 
etatsmäßige Ausgabe einschließlich der Besoldung oder des statt dieser 
überlassenen Nießbrauchs nicht übersteigen; insoweit jedoch eine An- 
gelegenheit zugleich solche Ansprüche betrifft, welche lediglich das zeitige 
Interesse der für ihre Person zur Nutzung des betreffenden Vermögens 
Berechtigten berühren, haben letztere die auf ihren Theil verhältnißmäßig 
fallenden Kosten zu tragen; 
5) Militärpersonen rücksichtlich der von ihnen bei der Mobilmachung er- 
richteten einseitigen und wechselseitigen letztwilligen Verfügungen, sowie 
der Zurücknahme derselben. Die Eröffnung dieser Verfügungen erfolgt 
gebührenfrei auch sind Anträge auf Todeserklärung der im Kriege 
vermißten Militärpersonen gebührenfrei zu bearbeiten; 
Privatunternehmungen, welche nicht auf einen besonderen Geldgewinn 
der Unternehmer gerichtet sind, sondern einen gemeinnützigen, nicht 
auf einzelne Familien oder Korporationen beschränkten Zweck haben, 
sofern denselben durch besondere gesetzliche Bestimmung Gebührenfreiheit 
bewilligt ist. Die bisher solchen Unternehmungen, z. B. Pensions- 
und Versicherungsanstalten, Bürger-Rettungsinstituten, gemeinnüzigen 
Aktienbaugesellschaften u. s. w. bereits bewilligten Befreiungen bleiben 
in Kraft. Wenn in einzelnen Fällen die Befreiung zweifelhaft ist, so 
ist darüber gemeinschaftlich von den Ministern der Finanzen und der 
Justiz zu entscheiden. 
Die einem Betheiligten bewilligte Befreiung soll in keinem Falle einem 
anderen Betheiligten zum Nachtheile gereichen. 
  
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J— 
S. 9. 
Die Gebührenfreiheit entbindet nicht von der Zahlung der baaren Aus- 
lagen. Bei den besonderen Anordnungen über die Kostenfreiheit bei der ersten 
Anlegung der Grundbücher behält es sein Bewenden. 
(r. 9751)
	        
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