Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

30 I. Geschichtliche Einleitung. 
welche mit der Hoheit des Staates oder mit den Staatsgesetzen in Wider- 
spruch stehen (8 13). 
Für das Verhältnis der Kirchen zum öffentlichen Unterrichtswesen sind 
insbesondere die §§ 6 und 12 des Gesetzes maßgebend, welche verfügen: 
(§ 6) „Das öffentliche Unterrichtswesen wird vom Staate geleitet." 
„Andere Unterrichts= und Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht der 
„Staatsregierung.“ 
(§ 12) „Den Religionsunterricht überwachen und besorgen die Kirchen für ihre 
„Angehörigen, jedoch unbeschadet der einheitlichen Leitung der Unterrichts= und Er- 
„ziehungsanstalten.“ 
Diese Gesetzgebung — auf der einen Seite die den Kirchen der Staats- 
gewalt gegenüber eingeräumte selbständige Stellung, auf der anderen Seite 
die Festhaltung und ausdrückliche Bestätigung des Grundsatzes, daß die 
Leitung des öffentlichen Unterrichtswesens ausschließlich dem Staat zustehe 
— mußte notwendig zu einer Aenderung der bisherigen, eine wesentlich 
anders gestaltete Stellung der Kirchen zum Staat voraussetzenden Organi- 
sation der Schulbehörden führen. Es kam zunächst (1862) zu einer Neu- 
gestaltung der Oberschulbehörde, welcher bald (1864) eine neue Regelung 
der unteren und mittleren Schulaufsicht nachfolgte. 
Durch die landesherrliche Verordnung vom 12. August 18621) wurde 
„zur Beaussichtigung und Leitung des Schul= und Unterrichtswesens“ eine 
dem Ministerium des Innern unmittelbar untergeordnete Zentral-Mittel- 
dehörde unter der Benennung „Oberschulrat“ errichtet. Dieser einheit- 
lich organisierten Behörde wurden alle Befugnisse und Obliegenheiten über- 
tragen, welche bis dahin den beiden Oberkirchenräten und dem Oberrat der 
Israeliten in der Eigenschaft als Oberschulbehörden, sodann der Oberschul- 
konferenz zukamen (§§ 1 und 2). Den obersten kirchlichen Behörden des 
Landes wurde das Recht eingeräumt, Vertreter zu bezeichnen, welche der 
Oberschulrat zu seinen Beratungen zuzuziehen hat, so oft es sich um Fragen 
des religiösen Unterrichts und dessen Verbindung mit dem Lehrplan handelt (8 4). 
Der Oberschulrat, welcher am 15. September 1862 seine Geschäfts- 
führung begann, stellte sich sofort zur Aufgabe: „nehen der Erledigung 
„der laufenden Geschäfte nicht bloß die durch die formelle Umgestaltung des 
„Staatsbehörden-Komplexes bedingten und beziehungsweise durch die Trennung 
„der Kirche vom Staate aufgenötigten Aenderungsvorschläge auszuarbeiten, 
„sondern auch eine ersprießliche Verbesserung der Unterrichtsanstalten über- 
„haupt anzubahnen und demgemäß alle Satzungen für das gesamte Schul- 
„wesen, Gesetze, Verordnungen und Gewohnheitsregeln, einer gründlichen 
„Revision zu unterwerfen.“" 
— —— 
1) Reg.-Bl. von 1862. Nr. 39 S. 325—326.
	        
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