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Sport und die Abenteuer liebt, der bereit ist,
seine Person einzusetzen, der die notwendigen
moralischen und phyfischen Eigenschaften besitzt,
der nicht zögert, auf dem Boden zu schlafen,
Mühen und Entbehrungen auf sich zu nehmen,
wenn es seine Dienstobliegenheiten erfordern, will,
wenn er nach England auf Urlaub zurückkommt,
das sein, was er immer war, ein Gentleman,
gleichgestellt seinen Freunden, die ihr Heimatland
nicht verlassen haben. Er will, wie sie, die be-
rechtigten Freuden des zivilisierten Lebens ge-
nießen.
Es gibt noch einen Grund, aus dem die ko-
lonialen Verwaltungsbeamten gut bezahlt werden
und am Schluß einer Reihe von kolonialen Dienst-
jahren die Aussicht auf einen angenehmen Ruhe-
stand haben müssen. Es ist nämlich unbedingt
notwendig, daß die kolonialen Verwaltungsbe-
amten, die doch auch nur Menschen sind, nicht
der Versuchung ausgesetzt sind, auf eigene Rech-
nung „Geschäfte zu machen". Denn das ist der
Ruin, der sichere Zusammenbruch.
Und noch etwas! Muß das Personal gut
bezahlt werden, so darf auch nicht mit dem Gelde
geknausert werden, dessen die Kolonie bedarf,
um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ihre
Entwicklung und die Exploitierung ihrer
Reichtümer zu ermöglichen. Das ist gut
ausgegebenes Geld, und man darf kein falsches
Sparsamkeitssystem üben, ohne daß man deshalb
etwa, wie man sagt, das Geld aus den Fenstern
zu werfen braucht.
Die Hauptschwierigkeit bei der Exploitierung
der Kolonie wird auch im Westen Afrikas zweifel-
los wie wo anders darin liegen, Eingeborene zu
finden, die arbeiten wollen.
Neger z. B. ist in seiner Art ein fleißiger und
guter Landbauer, aber er denkt nur daran, seine
unmittelbaren Bedürfnisse zu befriedigen. Sein
in mehr oder minder primitivem Zustande befind-
liches Land erscheint ihm gut, so wie es ist. Aber
um ihm seine volle Entwicklung zu geben, und
um spystematisch ununterbrochen seine Reichtümer
zu erschließen, dazu bedarf es der Intelligenz
und des Kapitals der Europäer, und dazu noch
muß der Eingeborene zur regelmäßigen
und geregelten Arbeit erzogen werden.
Die große Schwierigkeit liegt darin, ihn zur regel-
mäßigen Arbeit zu veranlassen, ohne aus ihm
einen Sklaven zu machen. Das ist das Haupt-
problem, und ich glaube nicht, daß es eine andere
Lösung desselben gibt als die, welche darin be-
steht, in den Eingeborenen bis zu einem gewissen
Grade die Gewohnheiten und infolgedessen
auch die Bedürfnisse des zivilisierten
Menschen einzupflanzen.
Häufig genug ist das einzige Bedürfnis, das
Der südafrikanische
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der Weiße dem Schwarzen gibt, das Bedürfnis
nach Spirituosen, und das ist tieftraurig. Ich
glaube, daß wenigstens in Südafrika alle er-
fahrenen Verwaltungsbeamten und die fähigsten
unter den eingeborenen Häuptlingen ohne Aus-
nahme Prohibitionisten sind und den Genuß
starker alkoholischer Getränke verbieten. Wenn
der Eingeborene trinkt, so hat er sich nicht unter
Kontrolle, und das einzige, was man machen
kann, ist, ihm überhaupt keine starken geistigen
Getränke zu geben.
Aus alledem folgt: es ist nur gerecht, daß
diejenigen, die den Eingeborenen die Zivilisation
und in ihrem Gefolge so unendlich viel Wohl-
taten bringen, von dem Eingeborenen auch eine
gewisse Arbeitsleistung und ein vernünftiges
Mitarbeiten verlangen.
Diese schwierige Frage muß von den Ver-
waltungsbeamten gelöst werden, welche dabei auf
die lokalen Verhältnisse, die Anlage der Ein-
geborenen, das Klima, die Sitten und Gebräuche
Rücksicht zu nehmen haben, Dinge, über die
jemand, der das Land nicht kennt, unmöglich
seine Meinung sagen kann.
Einen Punkt gibt es indes, auf den man
wohl die Aufmerksamkeit lenken darf. Nur zu
leicht ist man in kolonialen Angelegenheiten ge-
neigt, tabula rasa machen zu wollen, um
von unten auf wieder aufzubauen. Das
ist ein Irrtum. Häufig gibt es unter den Ein-
geborenen rudimentäre Organisationen, aus denen
Nutzen zu ziehen sehr wichtig ist. Einzelne süd-
afrikanische Stämme z. B. besitzen eine bemerkens-
wert vollständige Organisation, und es ist möglich,
daß dies auch im Kongo der Fall ist. Bestehen
solche Organisationen, so muß man sie
erhalten; denn sie sind für die kolonialen Ver-
waltungsbehörden von großem Nutzen. Sie
können ihre Autorität auf die eingeborene Be-
völkerung durch Vermittlung der Stammeshäupt-
linge ausüben. Um aber aus den Gesetzen und
der sozialen Organisation der Eingeborenen Nutzen
ziehen zu können, muß man diese erst aufdecken,
und das ist manchmal nicht sehr leicht. Man
muß sich bemühen, einen Blick unter die
Oberfläche zu werfen, was die Europäer nicht
immer tun. Sie sind nur zu sehr geneigt zu
glauben, daß man aus dem Studium der
Ideen der Eingeborenen nichts lernen kann;
aber nur wenn man durch eifriges Studium die
Ideen der Eingeborenen ausgedeckt hat, dann
kann man die Eingeborenen durch ihre Häupt-
linge regieren.
Im allgemeinen kann man, soweit dies die
Aufrechterhaltung der kolonialen Landeshoheit und
die Einführung zivilisierter Sitten zuläßt, den
Eingeborenen den größten Spielraum
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