Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Sport und die Abenteuer liebt, der bereit ist, 
seine Person einzusetzen, der die notwendigen 
moralischen und phyfischen Eigenschaften besitzt, 
der nicht zögert, auf dem Boden zu schlafen, 
Mühen und Entbehrungen auf sich zu nehmen, 
wenn es seine Dienstobliegenheiten erfordern, will, 
wenn er nach England auf Urlaub zurückkommt, 
das sein, was er immer war, ein Gentleman, 
gleichgestellt seinen Freunden, die ihr Heimatland 
nicht verlassen haben. Er will, wie sie, die be- 
rechtigten Freuden des zivilisierten Lebens ge- 
nießen. 
Es gibt noch einen Grund, aus dem die ko- 
lonialen Verwaltungsbeamten gut bezahlt werden 
und am Schluß einer Reihe von kolonialen Dienst- 
jahren die Aussicht auf einen angenehmen Ruhe- 
stand haben müssen. Es ist nämlich unbedingt 
notwendig, daß die kolonialen Verwaltungsbe- 
amten, die doch auch nur Menschen sind, nicht 
der Versuchung ausgesetzt sind, auf eigene Rech- 
nung „Geschäfte zu machen". Denn das ist der 
Ruin, der sichere Zusammenbruch. 
Und noch etwas! Muß das Personal gut 
bezahlt werden, so darf auch nicht mit dem Gelde 
geknausert werden, dessen die Kolonie bedarf, 
um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ihre 
Entwicklung und die Exploitierung ihrer 
Reichtümer zu ermöglichen. Das ist gut 
ausgegebenes Geld, und man darf kein falsches 
Sparsamkeitssystem üben, ohne daß man deshalb 
etwa, wie man sagt, das Geld aus den Fenstern 
zu werfen braucht. 
Die Hauptschwierigkeit bei der Exploitierung 
der Kolonie wird auch im Westen Afrikas zweifel- 
los wie wo anders darin liegen, Eingeborene zu 
finden, die arbeiten wollen. 
Neger z. B. ist in seiner Art ein fleißiger und 
guter Landbauer, aber er denkt nur daran, seine 
unmittelbaren Bedürfnisse zu befriedigen. Sein 
in mehr oder minder primitivem Zustande befind- 
liches Land erscheint ihm gut, so wie es ist. Aber 
um ihm seine volle Entwicklung zu geben, und 
um spystematisch ununterbrochen seine Reichtümer 
zu erschließen, dazu bedarf es der Intelligenz 
und des Kapitals der Europäer, und dazu noch 
muß der Eingeborene zur regelmäßigen 
und geregelten Arbeit erzogen werden. 
Die große Schwierigkeit liegt darin, ihn zur regel- 
mäßigen Arbeit zu veranlassen, ohne aus ihm 
einen Sklaven zu machen. Das ist das Haupt- 
problem, und ich glaube nicht, daß es eine andere 
Lösung desselben gibt als die, welche darin be- 
steht, in den Eingeborenen bis zu einem gewissen 
Grade die Gewohnheiten und infolgedessen 
auch die Bedürfnisse des zivilisierten 
Menschen einzupflanzen. 
Häufig genug ist das einzige Bedürfnis, das 
Der südafrikanische 
  
— 
der Weiße dem Schwarzen gibt, das Bedürfnis 
nach Spirituosen, und das ist tieftraurig. Ich 
glaube, daß wenigstens in Südafrika alle er- 
fahrenen Verwaltungsbeamten und die fähigsten 
unter den eingeborenen Häuptlingen ohne Aus- 
nahme Prohibitionisten sind und den Genuß 
starker alkoholischer Getränke verbieten. Wenn 
der Eingeborene trinkt, so hat er sich nicht unter 
Kontrolle, und das einzige, was man machen 
kann, ist, ihm überhaupt keine starken geistigen 
Getränke zu geben. 
Aus alledem folgt: es ist nur gerecht, daß 
diejenigen, die den Eingeborenen die Zivilisation 
und in ihrem Gefolge so unendlich viel Wohl- 
taten bringen, von dem Eingeborenen auch eine 
gewisse Arbeitsleistung und ein vernünftiges 
Mitarbeiten verlangen. 
Diese schwierige Frage muß von den Ver- 
waltungsbeamten gelöst werden, welche dabei auf 
die lokalen Verhältnisse, die Anlage der Ein- 
geborenen, das Klima, die Sitten und Gebräuche 
Rücksicht zu nehmen haben, Dinge, über die 
jemand, der das Land nicht kennt, unmöglich 
seine Meinung sagen kann. 
Einen Punkt gibt es indes, auf den man 
wohl die Aufmerksamkeit lenken darf. Nur zu 
leicht ist man in kolonialen Angelegenheiten ge- 
neigt, tabula rasa machen zu wollen, um 
von unten auf wieder aufzubauen. Das 
ist ein Irrtum. Häufig gibt es unter den Ein- 
geborenen rudimentäre Organisationen, aus denen 
Nutzen zu ziehen sehr wichtig ist. Einzelne süd- 
afrikanische Stämme z. B. besitzen eine bemerkens- 
wert vollständige Organisation, und es ist möglich, 
daß dies auch im Kongo der Fall ist. Bestehen 
solche Organisationen, so muß man sie 
erhalten; denn sie sind für die kolonialen Ver- 
waltungsbehörden von großem Nutzen. Sie 
können ihre Autorität auf die eingeborene Be- 
völkerung durch Vermittlung der Stammeshäupt- 
linge ausüben. Um aber aus den Gesetzen und 
der sozialen Organisation der Eingeborenen Nutzen 
ziehen zu können, muß man diese erst aufdecken, 
und das ist manchmal nicht sehr leicht. Man 
muß sich bemühen, einen Blick unter die 
Oberfläche zu werfen, was die Europäer nicht 
immer tun. Sie sind nur zu sehr geneigt zu 
glauben, daß man aus dem Studium der 
Ideen der Eingeborenen nichts lernen kann; 
aber nur wenn man durch eifriges Studium die 
Ideen der Eingeborenen ausgedeckt hat, dann 
kann man die Eingeborenen durch ihre Häupt- 
linge regieren. 
Im allgemeinen kann man, soweit dies die 
Aufrechterhaltung der kolonialen Landeshoheit und 
die Einführung zivilisierter Sitten zuläßt, den 
Eingeborenen den größten Spielraum 
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