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des Mahdi. Für seine Haltung wurde er von
mir bestraft. Das von dem Alkali ausgesprochene
Todesurteil habe ich jedoch aus politischen Gründen
nicht vollstrecken lassen. Es erscheint mir nützlich,
daß die zwischen Marua und Mindif herrschende
Spannung erhalten bleibt.
Den Vorschlag zu einem Zusammentreffen
mit dem Residenten der Tschadseeländer (Kusseri)
erhielt ich erst am 26. Juni; es war mir darum
nicht mehr möglich, an dem von Zimmermann
in Aussicht genommenen Tag rechtzeitig in Dubka
einzutreffen. Die Nachricht von dem Gefecht bei
Malampetel hatte mich am 7. Juli in Pomla
erreicht. Das bereits aufgeschlagene Lager wurde
sofort abgebrochen, und in Eilmärschen ging es
auf Marua los. Zwei Tage vor meiner An-
kunft am 7. Juli waren die Führer des Resi-
denturpostens Binder und der Feldwebel Mellenthin
ebenfalls in Marua angelangt. Dem durch diese
Konzentration hervorgerufenen starken Eindrucke
ist es neben der ausgezeichneten Haltung der in
das Gefecht von Malampetel verwickelten Truppe
zu verdanken, daß die Bewegung vorläufg keine
weiteren Kreise gezogen hat.
Die Lage ergibt augenblicklich folgendes Bild:
Der Lamido von Marua ist zuverlässig, da seine
Interessen mit denjenigen der Regierung identisch
sind. Sein Einfluß nimmt aber bedeutend ab,
sobald er sich in Gegensatz zu den in Marua-
dominierenden Priestern setzt. Die Haltung der
Bevölkerung Maruas war stets unsicher; sie ist
es auch noch jetzt. Es kann keinem Zweifel
unterliegen, daß der geringste Erfolg des Mahdi
die Zahl seiner Anhänger durch Überläufer aus
Marua in gefahrdrohender Weise anschwellen
ließe. Nur die Furcht hält die Fullah noch zu-
rück. Diese Furcht ist durch den glücklichen Aus-
gang des Gefechts bei Malampetel erheblich verstärkt.
Die Gegend bei Balda mußte von jeher als
der Wetterwinkel Nord-Adamauas bezeichnet werden.
Die Bevölkerung ist dafür bekannt, daß sie jeden
Abenteurer bereitwillig unterstützt. Das letzte Bei-
spiel hierfür bietet das Auftreten des Sokoto-
Jerima Haijatu, der in Balda eine Herrschaft
errichtete. In die Umgegend von Balda sollen
sich auch viele Anhänger des im vorigen Jahre
von den Engländern niedergeworfenen Mahdi
geflüchtet haben. Eine Fullah-Sage läßt ferner
in Balda den Mahdi erscheinen, der das Land
von der Herrschaft der Weißen befreien und das
Fullahreich in alter Herrlichkeit wieder erstehen
lassen wird.
Alle diese Umstände waren dem Alhadji wohl
bekannt. Dementsprechend hat er das Feld seines
ersten Auftretens gewählt. Die Bevölkerung dieser
Gegend bildet bei ihrem Fanatismus eine um so
größere Gefahr, als sie eigentlich unbewacht ist.
Unzuverlässig erscheint auch die Haltung Mindifs,
sowohl die des Lamido Sadu wie die seines
Volkes.
Zur Zeit ist wieder Ruhe eingetreten. Der
Aufenthalt des Mahdi ist aber unbekannt.
Würde der Mahdi wieder erscheinen, dann könnte
die Erhebung aufs neue beginnen. Ich habe
mich vorläufig darauf beschränkt, den Lauan von
Ngundum-RNgundum sowie zwei weitere in Waffen
ergriffene Anhänger des Mahdi einem nach Ma-
rua einberufenen Alkaligericht zu übergeben. Die
Todesurteile sind vollstreckt und die Verurteilten
auf dem Markte von Marua während der Markt-
stunden aufgehängt worden. Das Eigentum
des Lauan ist beschlagnahmt.
Den Schauplatz des Ausstandes selbst jetzt
gleich zu betreten, erscheint mir zwecklos, da die
Bevölkerung zersprengt ist. Sie muß sich erst
wieder in Ngundum-Ngundum sammeln. Erst dann
kann die Bestrafung des Ortes erfolgen. Ich
werde daher zunächst mit Hauptmann Zimmer-
mann die Grenzbereisung durchführen und dann
nach Ngundum-Ngundum marschieren. Die Be-
satzungen der zu Kusseri gehörigen Residentur-
posten Musgum und Bongor sind mir von dem
Residenten zur Verfügung gestellt worden, so daß
ein umfassendes Vorgehen erfolgen kann. Am
1. August sollen sämtliche Abteilungen in Ngundum-
Ngundum eintreffen.
Da die Möglichkeit einer religiösen Erhebung
in Adamana eine dauernde geworden ist, so muß
eine Besatzung in Marua verbleiben. Nur dem
Zufall war es zu verdanken, daß die jetzige Re-
volte im Keime erstickt werden konnte; mit der-
artigen Glücksfällen können wir aber nicht immer
rechnen. Der Tag von Malampetel hat deutlich
gezeigt, wie sehr das Selbständigkeitsgefühl der
Fullah im Wachsen begriffen ist.
III.
Eine Bezirksreise von Kusseri über
Musgum — Marua nach Madagali und
zurück über Keraua — Dikoa.
Aus einem Bericht des Hauptmanns Zimmermann.
Kusseri, 12. August 1907.
Zu der (schon früher erwähnten) mit dem
Residenten von Deutsch-Adamaua, Oberleutnant
Strümpell, verabredeten Zusammenkunft bei
Dubka brach ich am 24. Juni von hier auf.
Der Weg führte über Logone —Ngodeni—Djina
nach Ngulmu (gegenüber Musgum). überall be-
schäftigten sich die Eingeborenen mit Farmen-
herrichtung, da wenige Tage z#ar die ersten
Regen niedergegangen waren. Viel Wild, Anti-
lopen und Gazellen, stand südlich von Ngodeni