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setzung unterworfen ist, kaum der Leiter einer
unternehmenden und vorwärts schaffenden Politik
sein. „Der gewöhnliche Minister, der sich so
vielen Problemen dieser endlosen Fragen gegen-
übergestellt sieht, wird sich, da er des Verbleibens
im Amte nicht sicher ist, damit zufrieden geben,
wenn er über die Schwierigkeiten hinwegkommt
und den Status quo aufrecht erhält.“ „Er lebt
so von Anfang an unter Schwierigkeiten. Ist es
so zu verwundern, fragen die Kommissare, daß
die einsichtsvolleren Eingeborenen so häufig einen
Vergleich zogen zwischen der Aufmerksamkeit in
der Behandlung, die ihnen in den Tagen des
ehemaligen verantwortlichen Gouvernements ge-
zeigt wurde, als noch der persönliche Einfluß die
Oberherrschaft hatte, und zwischen= dem, das jetzt
besteht, nachdem der wesentliche Faktor des per-
sönlichen Einflusses gänzlich ausgeschaltet worden
ist?“ Gewicht wird auch auf das üÜbel der
übertriebenen Gesetzmacherei gelegt. Seit 1893
sind nicht weniger als 48 Verordnungen, die sich
besonders auf die Eingeborenen bezogen, Gesetz
geworden, während 13 andere es beinahe ge-
worden wären. Dieser Zustand rechtfertigt die
Klagen der Eingeborenen, daß sie die Gesetze
nicht kennen, deren Erfüllung man von ihnen
erwartet.
Die Kommissare machen einige interessante
Betrachtungen über die Gründe des Eingeborenen-
Aufstandes von 1906.
„Obwohl die Ergründung der Ursachen des
letzten Aufstandes nicht innerhalb des Bereiches
dieser Untersuchung liegt, so möge doch gestattet
sein, festzustellen, daß sie sowohl materieller als
psychologischer Art waren. Es war in erster
Linie ein Auflehnen gegen einengende Lebens-
bedingungen, verbunden mit dem, wie die Ge-
schichte zeigt, bei unterworfenen Rassen natür-
lichen, allgemein verbreiteten Wunsche, zu ihrer
eigenen Lebensweise in Stämmen und Familien
zurückzukehren. All ihre Ansichten über die Re-
gierung, über deren Handlungen und Unter-
lassungen, über deren Wohltaten und Mängel
sind in beträchtlichem Maße gefärbt und beein-
flußt durch ihre satalistischen Überlieferungen,
welche unter Verhinderung der Entwicklung des
Selbstvertrauens und der individuellen Ausbil-
dung des Charakters sie gelehrt haben, ihre
eigenen Herrscher als die einzige und natürliche
Quelle aller Gewalt, aller Bestrafung, aller Be-
lohnung und Wohlfahrt zu betrachten. Dies
erklärt, warum die Haltung gegen die Regierung
zwischen Hoffnung und Verzweiflung wechselte.
Der Glaube, daß die Bedingungen, die sie un-
erträglich fanden, in irgend einer Weise auf eine
Handlung oder Untätigkeit der Regierung zurück-
zuführen seien, erklärt es, warum dem persön-
lichen Eigentum während der letzten Unruhen so
wenig Schaden zugefügt wurde. Aufschauend zu
dem Gouvernement als dem Faktor, der die
Gesetze macht und sie in Kraft setzt, der Steuern
anferlegt und sie eintreibt, der mit seinen überall
befindlichen Beamten die Quelle aller Autorität
ist, wundern sie sich, warum es erlaubt sein soll,
daß ihr Familiensystem zerstückelt wird und daß
ihre Töchter verführt werden, sowie, warum sie
durch die Gerichte gezwungen werden, schwere
Pachten und wucherische Zinsen zu zahlen, sowie
sich dem anmaßenden Benehmen der Polizei zu
unterwerfen und Gesetzen zu gehorchen, die sie
nicht kennen und bei deren Abfassung ihre Stimme
nicht gehört wurde. Gleichwohl haben wir uns
während der ganzen Zeit geschmeichelt, unsere
volle Schuldigkeit ihnen gegenüber getan zu haben,
da wir ihnen den Frieden, eine beständige Re-
gierung und eine unantastbare Gerichtsbarkeit
gaben. Wir haben immer geglaubt, daß unser
System für die große Masse unentbehrlich ge-
worden ist, immer haben wir die pathetische Art
beobachtet, mit der ein so einfaches Volk väter-
lichen Rat und Beistand bei einem rein juristisch
ansgebildeten Beamten suchte oder mit dem es
den Rat eines gereizten und vollkommen un-
nahbaren Beamten zu erhalten trachtete. Der
Chef der Abteilung für Eingeborenen-Angelegen-
heiten war für die große Masse niemals zu er-
reichen, während er für die Häuptlinge nur bis
zu einem gewissen Grade und nur auf Grund
gewisser Förmlichkeiten zu sprechen war. Wir
leben, bewegen uns und denken in einer ganz
verschiedenen Weise: um die Eingeborenen mit
unserer Herrschaft zufrieden zu machen, müssen
unsere Methoden weniger künstlich und weniger
verwickelt sein, müssen sie dem Bereiche ihres
Verstandes näher kommen.“
In seinen Empfehlungen für das, was in der
Zukunft geschehen soll, ist der Bericht nicht we-
niger interessant, als in seinem Urteil über die ge-
genwärtige Lage. Die Einführung eines Native
Council“ (Eingeborenenrats), oder eines „Advisory
Board on Native Affaires: (eines Rates für
Eingeb Angelegenheiten, oder einer be-
ratenden Behörde für Eingeborenen-Angelegen-
heiten), bestehend aus vier Beamten und drei
außerordentlichen Mitgliedern, die von dem Gon-
verneur nach Anhörung seines Rates zu ernennen
sind, wird empfohlen. Es wird ferner vor-
geschlagen, daß die Gesetzgebung, die speziell Ein-
geborenen-Angelegenheiten betrifft, von diesem Rate
vorbereitet und in der Folge dem Parlament zur
Vollziehung vorgelegt werden soll. Ferner em-
pfiehlt die Kommission die Anstellung von wenig-
stens vier Exekutivbeamten von hohem Range, mit
dem Namen „Eingeborenen-Kommissare“, die mit