Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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setzung unterworfen ist, kaum der Leiter einer 
unternehmenden und vorwärts schaffenden Politik 
sein. „Der gewöhnliche Minister, der sich so 
vielen Problemen dieser endlosen Fragen gegen- 
übergestellt sieht, wird sich, da er des Verbleibens 
im Amte nicht sicher ist, damit zufrieden geben, 
wenn er über die Schwierigkeiten hinwegkommt 
und den Status quo aufrecht erhält.“ „Er lebt 
so von Anfang an unter Schwierigkeiten. Ist es 
so zu verwundern, fragen die Kommissare, daß 
die einsichtsvolleren Eingeborenen so häufig einen 
Vergleich zogen zwischen der Aufmerksamkeit in 
der Behandlung, die ihnen in den Tagen des 
ehemaligen verantwortlichen Gouvernements ge- 
zeigt wurde, als noch der persönliche Einfluß die 
Oberherrschaft hatte, und zwischen= dem, das jetzt 
besteht, nachdem der wesentliche Faktor des per- 
sönlichen Einflusses gänzlich ausgeschaltet worden 
ist?“ Gewicht wird auch auf das üÜbel der 
übertriebenen Gesetzmacherei gelegt. Seit 1893 
sind nicht weniger als 48 Verordnungen, die sich 
besonders auf die Eingeborenen bezogen, Gesetz 
geworden, während 13 andere es beinahe ge- 
worden wären. Dieser Zustand rechtfertigt die 
Klagen der Eingeborenen, daß sie die Gesetze 
nicht kennen, deren Erfüllung man von ihnen 
erwartet. 
Die Kommissare machen einige interessante 
Betrachtungen über die Gründe des Eingeborenen- 
Aufstandes von 1906. 
„Obwohl die Ergründung der Ursachen des 
letzten Aufstandes nicht innerhalb des Bereiches 
dieser Untersuchung liegt, so möge doch gestattet 
sein, festzustellen, daß sie sowohl materieller als 
psychologischer Art waren. Es war in erster 
Linie ein Auflehnen gegen einengende Lebens- 
bedingungen, verbunden mit dem, wie die Ge- 
schichte zeigt, bei unterworfenen Rassen natür- 
lichen, allgemein verbreiteten Wunsche, zu ihrer 
eigenen Lebensweise in Stämmen und Familien 
zurückzukehren. All ihre Ansichten über die Re- 
gierung, über deren Handlungen und Unter- 
lassungen, über deren Wohltaten und Mängel 
sind in beträchtlichem Maße gefärbt und beein- 
flußt durch ihre satalistischen Überlieferungen, 
welche unter Verhinderung der Entwicklung des 
Selbstvertrauens und der individuellen Ausbil- 
dung des Charakters sie gelehrt haben, ihre 
eigenen Herrscher als die einzige und natürliche 
Quelle aller Gewalt, aller Bestrafung, aller Be- 
lohnung und Wohlfahrt zu betrachten. Dies 
erklärt, warum die Haltung gegen die Regierung 
zwischen Hoffnung und Verzweiflung wechselte. 
Der Glaube, daß die Bedingungen, die sie un- 
erträglich fanden, in irgend einer Weise auf eine 
Handlung oder Untätigkeit der Regierung zurück- 
zuführen seien, erklärt es, warum dem persön- 
  
lichen Eigentum während der letzten Unruhen so 
wenig Schaden zugefügt wurde. Aufschauend zu 
dem Gouvernement als dem Faktor, der die 
Gesetze macht und sie in Kraft setzt, der Steuern 
anferlegt und sie eintreibt, der mit seinen überall 
befindlichen Beamten die Quelle aller Autorität 
ist, wundern sie sich, warum es erlaubt sein soll, 
daß ihr Familiensystem zerstückelt wird und daß 
ihre Töchter verführt werden, sowie, warum sie 
durch die Gerichte gezwungen werden, schwere 
Pachten und wucherische Zinsen zu zahlen, sowie 
sich dem anmaßenden Benehmen der Polizei zu 
unterwerfen und Gesetzen zu gehorchen, die sie 
nicht kennen und bei deren Abfassung ihre Stimme 
nicht gehört wurde. Gleichwohl haben wir uns 
während der ganzen Zeit geschmeichelt, unsere 
volle Schuldigkeit ihnen gegenüber getan zu haben, 
da wir ihnen den Frieden, eine beständige Re- 
gierung und eine unantastbare Gerichtsbarkeit 
gaben. Wir haben immer geglaubt, daß unser 
System für die große Masse unentbehrlich ge- 
worden ist, immer haben wir die pathetische Art 
beobachtet, mit der ein so einfaches Volk väter- 
lichen Rat und Beistand bei einem rein juristisch 
ansgebildeten Beamten suchte oder mit dem es 
den Rat eines gereizten und vollkommen un- 
nahbaren Beamten zu erhalten trachtete. Der 
Chef der Abteilung für Eingeborenen-Angelegen- 
heiten war für die große Masse niemals zu er- 
reichen, während er für die Häuptlinge nur bis 
zu einem gewissen Grade und nur auf Grund 
gewisser Förmlichkeiten zu sprechen war. Wir 
leben, bewegen uns und denken in einer ganz 
verschiedenen Weise: um die Eingeborenen mit 
unserer Herrschaft zufrieden zu machen, müssen 
unsere Methoden weniger künstlich und weniger 
verwickelt sein, müssen sie dem Bereiche ihres 
Verstandes näher kommen.“ 
In seinen Empfehlungen für das, was in der 
Zukunft geschehen soll, ist der Bericht nicht we- 
niger interessant, als in seinem Urteil über die ge- 
genwärtige Lage. Die Einführung eines Native 
Council“ (Eingeborenenrats), oder eines „Advisory 
Board on Native Affaires: (eines Rates für 
Eingeb Angelegenheiten, oder einer be- 
ratenden Behörde für Eingeborenen-Angelegen- 
heiten), bestehend aus vier Beamten und drei 
außerordentlichen Mitgliedern, die von dem Gon- 
verneur nach Anhörung seines Rates zu ernennen 
sind, wird empfohlen. Es wird ferner vor- 
geschlagen, daß die Gesetzgebung, die speziell Ein- 
geborenen-Angelegenheiten betrifft, von diesem Rate 
vorbereitet und in der Folge dem Parlament zur 
Vollziehung vorgelegt werden soll. Ferner em- 
pfiehlt die Kommission die Anstellung von wenig- 
stens vier Exekutivbeamten von hohem Range, mit 
dem Namen „Eingeborenen-Kommissare“, die mit
	        
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