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Der dritte Abschnitt hat die innere Ent-
wicklung der Kolonialpolitik Deutschlands
und der fremden Nationen zum Gegenstande,
und zwar wird diese nach der aktiven und nach
der passiven Seite behandelt. Auf der aktiven
Seite, d. h. auf Seiten der kolonisierenden Fak-
toren, unterscheidel der Verfasser die Kolonisation
durch privilegierte Privatunternehmungen und die
durch den Staat. Er zeigt, welche Rolle die
Kolonialgesellschaften in der deutschen Kolonial=
geschichte und derjenigen anderer Nationen gespielt
haben, und erörtert die Bedenken gegen das
System der mit Hoheitsrechten ausgestatteten Pri-
vatgesellschaften. Diese hätten denn auch dahin
geführt, daß das Reich jetzt überall selbst in seinen
überseeischen Besitzungen die staatliche Hoheit aus-
übe, welche sich damit aus „Schutzgebieten“ zu
wirklichen Kolonien entwickelt hätten. Eine ähn-
liche Entwicklung habe sich sowohl in den deutschen
wie in den fremden Kolonien auf der passiven
Seite, nämlich im Verhältnis der kolonisierenden
Macht zu der Eingeborenen-Bevölkerung vollzogen.
Auch den letzteren gegenüber habe sich in den
deutschen Kolonialgebieten mit dem Fortfall der
„Schutzverträge“ die Schutzgewalt zur vollen
Staatsgewalt ausgestaltet. Der Verfasser behan-
delt sodann unter Ausblicken auf die Verhältnisse
in den fremden Kolonien die wichtigsten Probleme
der Eingeborenenpolitik, insbesondere das Gerichts-
wesen — wobei die Frage der Kodifikkation des
Eingeborenenrechts berührt und die gegen eine
solche sprechenden Bedenken hervorgehoben werden
— die Regelung des Arbeitsverhältnisses und die
Sklavenfrage. Das Ergebnis der geschichtlichen
Entwicklung faßt er dahin zusammen, daß die
scheinbar so entgegengesetzten Prinzipien der Hu-
manität auf der einen Seite und der Betonung
der Interessen des „Herrenvolkes“ auf der andern
Seite im Grunde keine unüberbrückbaren Gegen-
sätze bilden. Die Hebung der Eingeborenen sei
nicht nur Grundsatz der Humanität, sondern auch
einer gesunden kolonialen Realpolitik. Nur mit
einer als Produzenten wie als Konsumenten kräf-
tigen Eingeborenen-Bevölkerung könne auf die
Dauer eine erfolgreiche Kolonialpolitik betrieben
werden.
Der vierte Abschnitt ist der Organisation
der Verwaltung (Zivil= und Militärver-
waltung) sowie der Rechtspflege in den
Kolonien gewidmet. Nach einem überblick über
den gegenwärtigen Rechtszustand werden die Auf-
gaben erörtert, welche bei dem ferneren Ausbau
des Kolonialrechts zu lösen sind. Als wichtigste
Forderung bezeichnet der Verfasser die endgültige
Loslösung des Kolonialrechts vom Konsularrecht
und die Schaffung eines selbständigen, in sich ge-
schlossenen und den besonderen Bedürfnissen der
Schutzgebiete angepaßten deutschen Kolonialrechts.
Weiter wird unter Hinweisungen auf das eng-
lische, französische und holländische Kolonialsystem
die Frage der kolonialen Selbstverwaltung be-
handelt, zu welcher sich auch in den deutschen
Kolonien bereits Ansätze finden. Im Anschluß
daran wird das finanzielle Verhältnis zwischen
Mutterland und Kolonien erörtert. Hierbei wird
der gegenwärtige Stand des deutschen kolonialen
Staatshaushalts dargestellt und zum Vergleiche
werden einige wichtige Daten über die englischen,
französischen, holländischen, spanischen und portu-
giesischen Kolonialfinanzen mitgeteilt.
Der fünfte und letzte Abschnitt beschäftigt sich
mit den Aufgaben der kolonialen Wirt-
schaftspolitik. Als wichtigste wird die Förderung
der kolonialen Produktion vorangestellt, auf deren
große Bedeutung für das Mutterland hingewiesen
wird. Dazu bedarf es der Heranziehung des
Kapitals, insbesondere des Privatkapitals. Es
werden nun die Möglichkeiten erörtert, welche sich
für dessen Organisation darbieten (Form der
Kolonialgesellschaft, der Aktiengesellschaft usw.).
Weiter wird das koloniale Handels= und Verkehrs-
wesen, einschl. des Geld= und Bankwesens be-
handelt. Der Verfasser hebt dabei namentlich
hervor, wie überaus dringend der Ausbau des
Bahnnetzes für die deutsch-afrikanischen Schutz-
gebiete sei. Endlich folgt eine Darstellung der
kolonialen Bodenpolitik, welche der Verfasser als
das zentrale Problem aller Kolonialpolitik be-
zeichnet. Nach einer Betrachtung der Boden-
politik der fremden Kolonialmächte erörtert der
Verfasser die Landfrage, wie sie sich für die
einzelnen deutschen Schutzgebiete, insbesondere
unter Berücksichtigung der den großen Gesell-
schaften erteilten Landkonzessionen, gestaltet. Der
Verfasser geht dabei des näheren auf die eigen-
artige Lösung ein, welche jene Frage in der
Landordnung für Kiautschon gefunden hat.Die
Grundsätze der letzteren sind freilich, was der
Verfasser ausdrücklich anerkennt, auf Gebiete der
Urproduktion, wie sie die anderen Schutzgebiete
darstellen, nicht ohne weiteres übertragbar. Aber
auch für die letzteren fordert er eine weitblickende
Bodenpolitik. Einige zusammenfassende Leitsätze
über die künftigen Aufgaben der kolonialen Land-
politik, in welchen u. a. betont wird, daß das
System der Landkonzessionen mehr und mehr
aufgegeben werden und der Staat selbst die Be-
siedelung seiner überseeischen Besitzungen in die
Hand nehmen müsse, bilden den Abschluß des
Buches.
Wie der Verfasser in der Vorrede bemerkt,
soll sein Werk in erster Linie der Einführung in
die Kolonialpolitik durch Darbietung einer knapp
zusammenfassenden Bearbeitung der Gesamtheit