Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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grenze wieder etwa die Hälfte der noch vor- 
handenen Leute. Am 2., 3. und 4. wiederholten 
sich in den wenig besiedelten Dsingo= und Jam- 
bassagegenden westlich der Mbammündung bei 
aller Wachsamkeit diese Desertionen in so hohem 
Maße, daß etwa zehn Lasten in der kleinen 
Haussa-Ansiedlung Ebila zurückbleiben mußten. 
Dies war der erste Fall in meiner langjährigen 
Expeditionstätigkeit, in dem das Aufgeben von 
Stücken des Expeditionsgepäckes notwendig wurde. 
Nach der Ankunft bei den östlichen Bakoko (Jale- 
bogo) hörte die Sorge endlich auf. 
Die hier geschilderten Trägerschwierigkeiten, 
die ängstliche Scheu der Stämme östlich des Mbam 
und die meist direkt feindliche Haltung der west- 
lich dieses Flusses sitzenden Völkerschaften, schließ- 
lich der teilweise Mangel meines bei Auflösung 
der Makaexpedition abhanden gekommenen zu- 
verlässigen alten Personals, machten für mich den 
Abschnitt von der Alaumündung bis zum Eintritt 
nach Bakoko zu einem äußerst aufreibenden und 
verantwortlichen, zumal eine straffe Marschdisziplin 
zur Vermeidung jedes Konflikts mit den in Rede 
stehenden, kaum als unterworfen anzusehenden 
Gebietsteilen des Jaundebezirks meine angespannte 
Aufmerksamkeit ununterbrochen verlangte. 
Über meine Beobachtungen und Erkundungen 
auf der genannten Strecke ist noch zu bemerken: 
Am 22. Januar 1907 brachte der Marsch vom 
Bingaba-Übergang durch spärliche Ansiedlungen 
der Batistämme Bakorre und Bonso die Expedition 
wenige Kilometer von der Alaumündung auf die 
alte Route des Hauptmanns Ramsay (1892). 
Diese wurde fast von der Stelle, wo sie etwas 
unterhalb der Alaumündung den Sanaga über- 
schreitet, bis an den damaligen Mbam-üUbergang, 
die sog. Balingafähre, verfolgt. Die von Ramsay 
benutzte Sanagafähre (Menenge) existiert nicht 
mehr. Das durchquerte Gebiet scheint sich von 
der Gegend des früheren (Morgenschen) Watare 
ab, das noch auf allen Karten zu finden ist und 
am Fuße eines weithin sichtbaren Rückens von 
200 bis 300 m rel. Höhe innerhalb einer größeren 
Waldstrecke belegen war, nach dem Sanaga und 
Mbam hin abzudachen. Jedenfalls wurden nur 
geringe in diesen Richtungen streichende Rücken 
passiert; sie weisen meist reine Grassteppe mit 
vielem niederen Knüppelholz auf und sind den 
vielen kleinen Wasserläufen entlang durch schmale 
Galleriewaldstreifen unterbrochen. Das nach Nord- 
ost höher werdende Terrain scheint wieder durch- 
weg mehr Waldbestand zu haben. An Wild 
aller Art ist diese Gegend sehr reich. Besonders 
fielen die massenhaften Fährten von Flußpferden 
auf, die anscheinend aus dem Sanaga, wie aus 
dem Mbam viele Kilometer landeinwärts äsen. 
Die Gegend erscheint hier überall als ziemlich un- 
  
fruchtbares Schwemmland, in dem das anscheinend 
aus Gneis und Granit bestehende Urgestein nur 
in den häufigen Bänken der Flußläufe zutage 
tritt. Von der Mbam (Balinga-fähre aus konnte 
der Platz der alten Balingastation des Leutnants 
v. Volckamer recht deutlich gesichtet und genau 
gepeilt werden. Balinga ist übrigens der Name 
des damaligen Chefs des Batistammes Dsingo; 
er müßte, wie mancher andere falsch gehörte oder 
mißverstandene Name auf den Karten dieser Ge- 
genden verschwinden. 
Obwohl die Übersicht infolge des kurz vor 
dem alljährlichen Abbrennen sehr hohen Grases 
recht erschwert und die Passage sehr mühsam 
war, beschloß ich, von der Balingafähre aus, 
dem Laufe des immerhin nur sehr ungefähr be- 
kannten Mbam aufwärts zu folgen. Ich wollte 
diesen genauer explorieren, bis ich in die Höhe 
einer konstruierten Richtungslinie gekommen wäre, 
welche — möglichst in der Mitte zwischen Wuri 
und Sanaga — die noch ganz unbekannten Ge- 
biete bis an den Dibamba im Westen durchschnitt. 
Ihr Schnittpunkt mit dem Mbam fiel fast in die 
Höhe der auf den Karten seither angedeuteten 
Mündung des RNdschim in diesen Fluß. 
Durch schwer passierbaren, dornigen Gallerie- 
wald mit vielen Lichtungen und tief einge- 
schnittenen, meist sehr sumpfigen Betten stag- 
nierender kleiner Zuflüsse wurden die Wildwechsel 
längs des Flusses in ganz unbewohntem Terrain 
zum weiteren Vordringen nach Norden benutzt. 
Der alte Morgensche Übergang (1891) von Ba- 
linga nach der längst verlassenen Wuteansiedlung 
Watare, der kaum noch erkennbare Platz des 
früheren Wutedorfes Kadji konnten dabei mit 
großer Sicherheit festgestellt werden. Weiter nach 
Norden wurde der Galleriewald anscheinend immer 
breiter; bis nach Magom (Neu-Watare) traten 
größere Waldflächen auch außerhalb der Fluß- 
niederungen wieder stärker hervor. · 
Der Mbam ist auf dieser Strecke überall etwa 
300 m breit, tief und reißend und von zahlreichen 
Steinbänken und kleineren Schnellen durchzogen. 
Das westliche Ufer war, wo es gesichtet werden 
konnte, von Dsingo-Niederlassungen mit gutem 
Anbau offenbar ziemlich besetzt. Dort herrscht 
das Gras mit vielen (meist Ol-) Palmen vor. 
Nahe der Ndschim-Mündung, die etwa einen 
Tagemarsch südlicher liegt, als man bisher an- 
nahm, wurde die Übersicht über den Fluß infolge 
einer mehrere Marschstunden langen, sehr breiten 
Kataraktzone mit vielen pandanusbestandenen 
Inselchen ganz verloren. Auch konnte der eigent- 
liche Zusammenfluß in der Folge gar nicht genau 
konstatiert werden, da offenbar noch weit ober- 
halb desselben zahlreiche kleine und kleinste 
Wasserrinnen beide Gewässer äußerst unübersicht-
	        
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