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grenze wieder etwa die Hälfte der noch vor-
handenen Leute. Am 2., 3. und 4. wiederholten
sich in den wenig besiedelten Dsingo= und Jam-
bassagegenden westlich der Mbammündung bei
aller Wachsamkeit diese Desertionen in so hohem
Maße, daß etwa zehn Lasten in der kleinen
Haussa-Ansiedlung Ebila zurückbleiben mußten.
Dies war der erste Fall in meiner langjährigen
Expeditionstätigkeit, in dem das Aufgeben von
Stücken des Expeditionsgepäckes notwendig wurde.
Nach der Ankunft bei den östlichen Bakoko (Jale-
bogo) hörte die Sorge endlich auf.
Die hier geschilderten Trägerschwierigkeiten,
die ängstliche Scheu der Stämme östlich des Mbam
und die meist direkt feindliche Haltung der west-
lich dieses Flusses sitzenden Völkerschaften, schließ-
lich der teilweise Mangel meines bei Auflösung
der Makaexpedition abhanden gekommenen zu-
verlässigen alten Personals, machten für mich den
Abschnitt von der Alaumündung bis zum Eintritt
nach Bakoko zu einem äußerst aufreibenden und
verantwortlichen, zumal eine straffe Marschdisziplin
zur Vermeidung jedes Konflikts mit den in Rede
stehenden, kaum als unterworfen anzusehenden
Gebietsteilen des Jaundebezirks meine angespannte
Aufmerksamkeit ununterbrochen verlangte.
Über meine Beobachtungen und Erkundungen
auf der genannten Strecke ist noch zu bemerken:
Am 22. Januar 1907 brachte der Marsch vom
Bingaba-Übergang durch spärliche Ansiedlungen
der Batistämme Bakorre und Bonso die Expedition
wenige Kilometer von der Alaumündung auf die
alte Route des Hauptmanns Ramsay (1892).
Diese wurde fast von der Stelle, wo sie etwas
unterhalb der Alaumündung den Sanaga über-
schreitet, bis an den damaligen Mbam-üUbergang,
die sog. Balingafähre, verfolgt. Die von Ramsay
benutzte Sanagafähre (Menenge) existiert nicht
mehr. Das durchquerte Gebiet scheint sich von
der Gegend des früheren (Morgenschen) Watare
ab, das noch auf allen Karten zu finden ist und
am Fuße eines weithin sichtbaren Rückens von
200 bis 300 m rel. Höhe innerhalb einer größeren
Waldstrecke belegen war, nach dem Sanaga und
Mbam hin abzudachen. Jedenfalls wurden nur
geringe in diesen Richtungen streichende Rücken
passiert; sie weisen meist reine Grassteppe mit
vielem niederen Knüppelholz auf und sind den
vielen kleinen Wasserläufen entlang durch schmale
Galleriewaldstreifen unterbrochen. Das nach Nord-
ost höher werdende Terrain scheint wieder durch-
weg mehr Waldbestand zu haben. An Wild
aller Art ist diese Gegend sehr reich. Besonders
fielen die massenhaften Fährten von Flußpferden
auf, die anscheinend aus dem Sanaga, wie aus
dem Mbam viele Kilometer landeinwärts äsen.
Die Gegend erscheint hier überall als ziemlich un-
fruchtbares Schwemmland, in dem das anscheinend
aus Gneis und Granit bestehende Urgestein nur
in den häufigen Bänken der Flußläufe zutage
tritt. Von der Mbam (Balinga-fähre aus konnte
der Platz der alten Balingastation des Leutnants
v. Volckamer recht deutlich gesichtet und genau
gepeilt werden. Balinga ist übrigens der Name
des damaligen Chefs des Batistammes Dsingo;
er müßte, wie mancher andere falsch gehörte oder
mißverstandene Name auf den Karten dieser Ge-
genden verschwinden.
Obwohl die Übersicht infolge des kurz vor
dem alljährlichen Abbrennen sehr hohen Grases
recht erschwert und die Passage sehr mühsam
war, beschloß ich, von der Balingafähre aus,
dem Laufe des immerhin nur sehr ungefähr be-
kannten Mbam aufwärts zu folgen. Ich wollte
diesen genauer explorieren, bis ich in die Höhe
einer konstruierten Richtungslinie gekommen wäre,
welche — möglichst in der Mitte zwischen Wuri
und Sanaga — die noch ganz unbekannten Ge-
biete bis an den Dibamba im Westen durchschnitt.
Ihr Schnittpunkt mit dem Mbam fiel fast in die
Höhe der auf den Karten seither angedeuteten
Mündung des RNdschim in diesen Fluß.
Durch schwer passierbaren, dornigen Gallerie-
wald mit vielen Lichtungen und tief einge-
schnittenen, meist sehr sumpfigen Betten stag-
nierender kleiner Zuflüsse wurden die Wildwechsel
längs des Flusses in ganz unbewohntem Terrain
zum weiteren Vordringen nach Norden benutzt.
Der alte Morgensche Übergang (1891) von Ba-
linga nach der längst verlassenen Wuteansiedlung
Watare, der kaum noch erkennbare Platz des
früheren Wutedorfes Kadji konnten dabei mit
großer Sicherheit festgestellt werden. Weiter nach
Norden wurde der Galleriewald anscheinend immer
breiter; bis nach Magom (Neu-Watare) traten
größere Waldflächen auch außerhalb der Fluß-
niederungen wieder stärker hervor. ·
Der Mbam ist auf dieser Strecke überall etwa
300 m breit, tief und reißend und von zahlreichen
Steinbänken und kleineren Schnellen durchzogen.
Das westliche Ufer war, wo es gesichtet werden
konnte, von Dsingo-Niederlassungen mit gutem
Anbau offenbar ziemlich besetzt. Dort herrscht
das Gras mit vielen (meist Ol-) Palmen vor.
Nahe der Ndschim-Mündung, die etwa einen
Tagemarsch südlicher liegt, als man bisher an-
nahm, wurde die Übersicht über den Fluß infolge
einer mehrere Marschstunden langen, sehr breiten
Kataraktzone mit vielen pandanusbestandenen
Inselchen ganz verloren. Auch konnte der eigent-
liche Zusammenfluß in der Folge gar nicht genau
konstatiert werden, da offenbar noch weit ober-
halb desselben zahlreiche kleine und kleinste
Wasserrinnen beide Gewässer äußerst unübersicht-