Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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der Nacht zuvor sechzehn Bakorreleute desertiert 
waren und die Jadsuddaaushilfsträger beim ersten 
Beginn der Feindseligkeiten zu entfliehen drohten. 
Ein gewaltsames Vordringen nach West war auch 
hier undurchführbar. Als Kuriosum möchte ich 
erwähnen, daß ein Chef dieser Südburiama, 
Apfume, unserer Expedition, welche nunmehr die 
von Jaunde aus neuerdings unterworfenen Bafia- 
grenzstämme Jambassa, Babe-djiba, Bungandu usw. 
zu passieren im Begriff stand, einen von dem 
Bezirksamt ausgestellten Schutzbrief mit der Er- 
klärung nachsandte, daß er auf seine Leute keinen 
Einfluß habe. 
Die weniger starken Grenzstämme Jambassa, 
Bungandu, Bomende und Babungo haben — als 
Außenposten gegen die früher mehr wie jetzt von 
Süden vordringenden Mpangwestämme — ihre 
Ansiedlungen meist auf Anhöhen mit den oben 
erwähnten Hainen zusammengezogen. Sie nahmen 
eine zwar wenig zuvorkommende, aber immerhin 
nicht direkt feindliche Haltung ein; dadurch wurde 
beim Lebomeübergang, dem ersten sicheren Treff- 
punkt mit der Route Ramsay (1892), einem 
abermaligen heftigen Zusammenstoß, der wenig 
nordwestlich Banga beabsichtigt war, aus dem 
Wege gegangen. Gerade hier mußten im Hin- 
blick auf die nun westlich vorliegenden, sehr dicht 
bevölkerten Gebirgslandschaften und auf die nahe 
Batigrenze jene Gründe gegen ein gewaltsames 
Durchstoßen doppelt schwer ins Gewicht fallen. 
Natürlich wurde systematisch der Eindruck ver- 
breitet, daß die Expedition nur Passantin sei, 
aber gegebenenfalls jedem Angriff energisch ent- 
gegentreten würde. 
Die geschilderten kriegerischen Zwischenfälle 
waren nach Angabe der Dsingo—Jambassa= und 
Bungandu-Chefs als die Folge von Esxzessen 
zweier Jaundesoldaten anzusehen, die vor kurzer 
Zeit deshalb im Buriamagebiet totgeschlagen 
worden waren. Für ihren Tod wurde von der 
Bevölkerung ein Rachekrieg erwartet. Die Ex- 
pedition war auf diese Weise von der beabsichtigten 
Marschlinie zur Küste ziemlich weit südwärts ab- 
gewichen; ich setzte nun längs der Bafiagrenze 
den Westmarsch bis nach Bakoko mit der Absicht 
fort, daselbst möglichst friedlich (wenn das nicht 
möglich, aber auch gewaltsam) die alte Richtungs- 
linie wieder zu gewinnen und auf ihr nach Westen 
durchzustoßen. 
Erwähnt ist bereits, daß bei diesem Marsche, 
kurz vor dem Eintritt in das Bakokogebiet, eine 
große, offenbar im Zunehmen begriffene Enklave 
von jungen Häuptlingen verschiedener Etunstämme 
passiert wurde. Ihre Niederlassungen in den 
mehrfach erwähnten Hainen auf den Anhöhen 
beweisen mit ziemlicher Sicherheit die frühere 
Bafiazugehörigkeit dieser Landstrecken. Die Land- 
  
schaft wird von der Bejawa (Ramsays Jawe) in 
ihrem untersten Laufe durchströmt. Mit Hilfe 
jener recht entgegenkommenden Etun wurden die 
Schwierigkeiten etwas behoben. Viel vermochten 
diese jungen Chefs mit ihren wenigen Leuten 
allerdings auch nicht zu leisten, zumal die meisten 
ihrer Männer Pflanzungsengagements angenommen 
hatten. Von Kadji (Wute) bis an die Bejawa 
heran, die kurz östlich der Bakokogrenze fließt 
und an deren Westufer hier im Süden die Berge 
beginnen, war das Gelände im allgemeinen recht 
flach und weit überwiegend reines Grasland mit 
vielen Olpalmen am Mbam und auffällig vielen 
Fächerpalmen am Sanaga. Elefanten kamen 
überall noch recht reichlich, Antilopen und Büffel. 
in Massen vor. Viel Leben und Handel war 
nicht bemerkbar, da nach einem kürzlich in diesen 
gesamten Gebieten geführten Kriege das Bezirks- 
amt offenbar die Gestellung einer großen Anzahl 
von Arbeitern, Trägern usw. angeordnet hatte. 
Die erkundeten Landesprodukte waren außer 
Elfenbein wenig bedeutend. Doch ließe sich hier 
vielleicht aus dem Boden durchweg mehr heraus- 
holen, wie östlich des Mbam, wie denn auch die 
Begetation, von verhältnismäßig geringen Strecken 
abgesehen, hier überall üppiger erschien. Der 
Sanaga wurde nur von wenigen Punkten in 
großer Entfernung gesichtet, soll aber — und dies 
entspräche auch der Geländeformation — hier 
überall reißend und von Steinbänken und Fels- 
blöcken durchsetzt, doch ohne größere Schnellen 
sein. Jedenfalls hat er zahlreiche Fähren. 
Ich schließe diesen Abschnitt mit der Be- 
merkung, daß eine starke Kompagnie (etwa 150 Ge- 
wehre) mit einem bis zwei Maschinengeschützen 
die völlige Unterwerfung der Bafiastämme inner- 
halb drei bis vier Monaten bequem würde 
herbeiführen können. Ein dann zu errichtender 
kleiner Militärposten von etwa 60 Gewehren 
würde m. E. dann diese Stämme innerhalb 
eines weiteren Jahres bei geeignetem Vorgehen 
durchaus pazifizieren und damit dem Handel eine 
Elfenbein-, dem Schutzgebiet eine neue reichliche 
Arbeiter-, dem Jaundebezirk eine bereits recht 
nötige neue Quelle von frischem Fleisch erschließen 
können. Auch die offenbaren Gesetzesübertretungen 
der Haussahändler in diesen noch völlig jung- 
fräulichen und an den Grenzen fast unbewachten 
Gebieten verlangen baldige energische Abhilfe. 
Endlich müßte die mit dem Auftreten des Euro- 
päers notorisch sofort schwindende Autorität der 
eingeborenen Häuptlinge im Interesse einer ge- 
ordneten Verwaltung allenthalben systematisch ge- 
stärkt und gehoben werden. 
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