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Am 6. Februar 1907 wurde nach ÜNber-
schreiten der Bejawa nur noch ein kleiner
Mpangwestreifen (Unterstamm: Etak) passiert.
Dann begann eine von Norden bis an den Sa-
naga herantretende Berglandschaft. Gleichzeitig
war der östlichste, sicher nicht rassereine Bakoko-
stamm Baso erreicht, der etwa die Einflußgrenze
des Bezirksamts Jaunde nach Nordwesten hin
darstellt. Der letzte Krieg hat hier seine west-
lichsten Ausläufer gefunden; infolgedessen war ein
starkes Mißtrauen gegen eine von Osten kommende
militärische Expedition durchaus natürlich. Auf
dem Sanaga-Südufer läuft die Mpangwe-Bakoko-
grenze etwa in derselben Höhe; doch sitzen hier
bereits die Bassa, rassereine Gebirgsbakoko mit
wesentlich verschiedenem Dialekt. Ihre Unter-
stämme konnte ich bis nach Bekok hinunter mit
ziemlicher Sicherheit kartographisch festlegen, da
für mich hier die Sprachschwierigkeit in Fortfall
kam. Der Einheitlichkeit halber habe ich die den
Unterstämmen vorgesetzte Silbe „Ndogn“, die dem
„Ebege“ der Maka und dem „Voge“ der
Mpangwestämme entspricht und am besten mit
„Clan“ wiederzugeben ist, dem verbreitetsten
Bakokodialekt Bassa entnommen und die Be-
nennungen alle so durchgeführt, wie sie der Bassa-
bakoko anwenden würde; die nur verwirrenden
gleichbedeutenden Vorsetzungen: „Ndogo“, „Log“,
„Loge“ usw. der Japi-,Loko“= oder Basodialekte
sind dagegen ausgeschieden.
Der Weitermarsch der Expedition bis Rtok,
dem Hauptdorf des nächstbelegenen (Loko-) Bakoko-
stammes Ndogn--besangen führte — in geringer
Entfernung dem Sanaga parallel — durch dicht
bevölkerte, sehr bergige Waldgebiete der Baso-
unterstämme Jalebogo, Janje und Jemeso. Der
Weg Ramsays (1892) wurde von den jetzt leicht
erhältlichen Trägern und Führern anscheinend
nur zum Teil benutzt, doch scheint sein „Lungum“
mit Ntok identisch zu sein. Bei der Wahl dieses
Platzes zum Weitermarsch leitete mich vor allem
die Überlegung, daß das Mißtrauen der dem
Bezirk Jaunde allzu benachbarten Distrikte die
Möglichkeit mannigfacher Hindernisse und ernst-
hafterer Verwicklungen in sich trug. Ferner er-
schien es ratsam, von dem Sitz eines rassereinen,
weit bekannten Bakokohäuptlings aus in das noch
ganz unbekannte Gebiet seiner Hintersassen einzu-
dringen. Der Häuptling Ntok hat deun auch in
weitgehendem Maße meinen Erwartungen ent-
sprochen; er hat bei dem Aufenthalt und der
Neuorganisation der Expedition in seinem Dorfe
(8. und 9. Februar) seine gesamten Hilfsmittel
zur Verfügung gestellt und gleichzeitig nach vorn
auf den Durchmarsch einer friedlichen Expedition
vorbereitet.
Der Eintritt in das Bakokogebiet, das etwa
bei dem Jalebogochef Etondja beginnt, stellte
einen recht schroffen übergang von Gras= zum
Waldland, von der Ebene in das Gebirge, aus
dem (wenn auch schwachen) mohammedanischen
Einfluß in davon völlig unberührte, auch ethno-
graphisch ganz abweichende Völkerschaften dar,
mit denen wesentlich bequemer zu verkehren war.
Einen Beweis für die Richtigkeit meiner Aus-
führungen bildet der Umstand, daß die uns bis
dahin stets begleitenden Haussaführer nun mit
der Erklärung zurückblieben, die äußerste Grenze
ihrer Beziehungen sei erreicht und sie würden
weiter westwärts gefährdet sein. Dabei wurden
mehrere kleine, zu Sakebajeme gehörige Missions-
stationen, allerhand amtliche Ausweise des Bezirks-
amts Edea, eine Anzahl unbewaffneter, farbiger
Küstenhändler, ausgezeichnete Wege, entgegen-
kommende dichte Bevölkerung und westlich Eton-
dia Sanaga-abwärts viele Landesprodukte zur
Verpflegung angetroffen. Der Hauptgrund jener
Besorgnisse der Haussa wird also wohl in dem
Umstand zu suchen sein, daß die diesem Stamm
auf dem Grasland östlich und nördlich still-
schweigend zuerkannte Vorzugsstellung hier zum
Teil durch den Konkurrenzeinfluß von der Küste
aus, zum größeren Teil aber aus historischen
Gründen, durch eine instinktive Abweisung der
Einflüsse aus Osten paralysiert wird. Der hier
kaum bemerkbare Missionseinfluß dürfte damit
wenig zu tun haben.
Die bis Ntok passierte Berggegend zeigte
wieder reinen Urwald= oder vielmehr Buschwald-
typ. Eine systematische Anpflanzung von Ol-
palmen war auch hier zu bemerken. Elefanten,
auch ältere Elfenbeinbestände (in Händen der
voneinander wenig abhängigen Dorfschefs) schienen
noch reichlich vorhanden zu sein. Auch konnten
Landolphien und Kicksien nachgewiesen werden.
Die Maisernährung war durch Planten (musa
paradisiaca) und Maniok, bis Duala hin in zu-
nehmendem Maße auch durch Makabo (Xantho-
soma esculenta) ersetzt. Kleinvieh zeigte sich in
großen Mengen und schönen Exemplaren; Groß-
vieh war, wie überall im Waldland, gar nicht
vorhanden. Die sonst vorzüglichen Bakokowege,
die auch in völlig neuen Gegenden auf große
Strecken ohne weiteres den Gebrauch eines
Pferdes ermöglichen, wurden vom Eintritt in
diese Nord= und Nordost-Bakokolandschaft an in-
folge ihres gebirgigen Charakters bis nach Dibamba
hinunter für das Schuhwerk und die Trägerfüße
recht unangenehm.
Schon hier an der Ostgebirgsgrenze war die
mir auch von meiner Bekok— Mpim-Expedition
(1896) her bekannte Wahrnehmung auffällig, daß
die meist sehr steilen, felsigen Bergkuppen, die
auf der bis Ntok zurückgelegten Strecke 200 bis