Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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finden würde, da sie noch Geld erwarteten und 
dafür Kühe kaufen möchten. Seitens der Re- 
gierung ist in Aussicht genommen, in einigen 
Monaten voraussichtlich wieder einige hundert 
Tiere zum Verkauf zu stellen. Bei dieser Auf- 
stellung ist auf neuankommende Farmer noch 
keine Rücksicht genommen worden. Es wird 
daher in solchen Fällen für diese Leute schwer, 
wenn nicht teilweise unmöglich sein, gutes Zucht- 
vieh zu erhalten. Dem Gouvernement steht für 
diese Nachfragen noch ein Transport Kühe und 
Färsen von ungefähr 500 Stück zur Verfügung. 
Leider ist bereits vor längerer Zeit unter diesem 
Vieh die Lungenseuche ausgebrochen; es dauert 
noch etwa anderthalb Monate, bis die Quarantäne 
aufgehoben werden kann. Der Lieferant hat 
bisher stets sehr gutes Bieh geliefert, seine Kühe 
werden besonders gern gekauft. Da dieser Trans- 
vort bereits gegen Lungenseuche geimpft ist, so 
steht diese Vieheinfuhr für uns insofern besonders 
günstig, als nach Ankauf der Tiere sofort eine 
Veräußerung stattfinden kann. 
Der Bestand an Zuchtvieh auf dem Gou- 
vernementsposten ist zur Zeit nur noch gering 
und macht einen Wert von ungefähr 30 000 Mk. 
aus. Es sind in der Hauptsache nur noch Färsen 
und abgesetzte Kälber. Eine Veräußerung ist zur 
Zeit nicht zu empfehlen, da fie einen zu geringen 
Preis bringen würden. Der Verkauf soll in etwa 
6 bis 9 Monaten erfolgen. Bei den Vieh- 
verkäufen wurde von einem großen Teil der Farmer 
der Wunsch ausgesprochen, daß das Gouvernement 
die Bieheinfuhr selbst fortführen möge; es wird 
befürchtet, daß sonst schlechtes und teures Vieh 
zum Verkauf angeboten wird. Bezüglich der 
Qualität des verkauften Viehs muß hervorgehoben 
werden, daß dasselbe wirklich gut ist. Wir haben 
ledzt im Schutzgebiet besseres Vieh als vor 
dem Aufstand. 
Die Einfuhr von Großvieh wird sich im 
Norden stets leichter gestalten, da hier mit keiner 
Lungenseuche zu rechnen ist. Wir haben mit den 
letzigen Viehtransporten Glück gehabt und nur 
zwei Tiere verloren. 
Da die Hebung der Biehzucht zu den vor- 
nehmsten Aufgaben der Verwaltung gehört, so 
beabsichtigt der Gouverneur, wenn die Nachfrage 
  
so bleibt und preiswerte Bezugsquellen nicht er- 
schlossen werden, die weiterhin erforderliche Anzahl 
Großvieh ankaufen, gegen Lungenseuche impfen 
und zu ermäßigten Preisen absetzen zu lassen. 
Es ist insbesondere für den Norden geplant, einen 
Transport starker Friesen, eventuell Oldenburger 
Tiere, im Alter von einem Jahr einzuführen. 
Die Tiere werden sich eher akklimatisieren, auch 
nicht so teuer sein und die zu kleine Form des 
Rindviehs im Norden des Schutzgebiets verstärken 
und veredeln. 
Eine besondere Förderung muß auch ferner 
der Wollschafzucht zuteil werden. Besonders 
zufrieden sind die Farmer mit den von der Kap- 
kolonie gelieferten Wollschafen; nach diesen Tieren 
ist eine erhöhte Nachfrage vorhanden, es ist aber 
alles verkauft. Wenn die Nachfrage so bleibt, 
werden alsbald noch tausend dieser Tiere ein- 
geführt und zu den bisherigen Bedingungen ab- 
gegeben werden. 
Ein Rückblick auf die gesamte Vieheinfuhr 
in Deutsch-Südwestafrika ergibt folgendes Bild: 
es sind bis zum 3. Juni d. Is. durch das Gou- 
vernement verkauft worden: 107 Bullen, 6107 Kühe 
und Färsen, 384 Kälber, 1185 Wollschafe I. Klasse 
und 9 Böcke, 5496 Wollschafe II. Klasse und 
100 Böcke, 2566 Ziegen, 11 500 Afrikanerschafe, 
96 Böcke und 56 Lämmer, 544 Perserschafe und 
45 Böcke, 243 Angoraziegen und 9 Böcke. 
Bei richtiger Anwendung der verfügbaren 
Mittel kann noch viel Gutes für unsere Viehzucht 
geschaffen werden. Jedenfalls hat kaum eine 
Maßnahme des Gouvernements so den Beifall 
der Bewohner des Schutzgebiets gefunden wie 
diese Vieheinfuhr. Großer Dank gebührt der 
Wohlfahrtslotterie; denn wenn diese nicht erheb- 
liche Mittel bereitgestellt haben würde, sähe es 
heute bezüglich der VBiehzucht noch recht traurig 
im Schutzgebiet aus; jetzt ist aber wieder ein 
guter Bestand vorhanden. Das Land erholt sich 
auf dem Gebiet der Viehzucht viel schneller, als 
man vor zwei Jahren selbst unter den günstigsten 
Bedingungen anzunehmen wagen durfte. 
r*ES—
	        
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