Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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ihnen die Löhne für Arbeitsleistungen, für Elfen- 
bein usw. in Tauschartikeln auszahlt. Die 
Stren und Häuser Léopoldvilles sind durchweg 
fauber und hübsch. Kokospalmen-Alleen und 
Gartenanlagen heben noch den Gesamteindruck. 
Einen bevorzugten Platz auf einem die Stadt 
überragenden Hügel hat das von erfahrenen 
Tropenärzten geleitete Hospital. Die Schlaf- 
krankheit steht auch hier im Mittelpunkt des 
Interesses. Bis vor nicht allzu langer Zeit 
waren Fälle von Trypanosomiasis bei Weißen 
noch so gut wie unbekannt. Leider häufen sie 
sich neuerdings mehr und mehr; der leitende 
Arzt in Léopoldville erzählte uns, daß jetzt 
kaum ein Monat vergeht, ohne daß ein mit 
Schlafkrankheit behafteter Europäer den Kongo 
abwärts kommt. 
Für die Fahrt von Léopoldville nach Matadi 
hatte uns die Regierung in dankenswerter Weise 
einen aus drei Wagen bestehenden Extrazug zur 
Verfügung gestellt, der Léopoldville am 25. früh 
verließ. Die Bahn hat 80 cm Spurweite. Die 
Wagen sind teils offen, teils geschlossen. Letztere, 
für europäische Reisende bestimmt, enthalten 12 
durch kleine Klapptische getrennte drehbare Lehn- 
sessel. Zu den Freuden dieses Lebens gehört 
die Fahrt in einem solchen Wagen nicht. Offnet 
man die Fenster auch nur handbreit, so benimmt 
einem der überaus reichliche Qualm und Staub 
den Atem; schließt man sie, so fühlt man sich 
bald wie in einem türkischen Baderaum. So 
war unser anfängliches Entzücken, wieder in 
einer wirklichen Eisenbahn zu sitzen, schnell ver- 
flogen. Auch landschaftlich hielt die Reise nicht, 
was wir nach den Schilderungen kongolesischer 
Beamten, die etwas Alpenbahnähnliches vermuten 
ließen, erwartet hatten. In der ziemlich reiz- 
losen Landschaft wechselten Kulturländereien, 
Elefantengrassteppe und kleinere Waldgebiete ab. 
Alles das aber, was die Fahrt auf der Uganda- 
bahn so interessant macht — unübersehbar weite, 
wildbedeckte Ebenen, Schluchten und üppige Berg- 
wälder — ließ dieser erste Teil der Reise völlig 
vermissen. Nach neunstündiger Fahrt kamen wir 
in Thysville an, das die 480 km lange 
Strecke Matadi—Léopoldville in annähernd zwei 
Hälften teilt. Hier pflegt man in einem den 
Umständen nach ganz ausgezeichneten Hotel, das 
der Bahngesellschaft gehört, zu übernachten. Die 
Station liegt 740 m über dem Meere und nahezu 
500 m höher als Lsopoldville, was sich in sehr 
angenehmer Weise durch die Frische der Tem- 
peratur bemerkbar macht. Deshalb wird fie von 
Erholungsbedürftigen aus Léopoldville und Ma- 
tadi gern besucht. Landschaftliche Schönheiten 
besitzt Thysville nicht, wenigstens soweit man von 
der Veranda des auf einer Anhöhe gelegenen 
  
Hotels aus sehen kann. Am nächsten Morgen 
saßen wir bereits wieder in unserem Extrazug. 
Die Szenerie unterschied sich zunächst wenig von 
der des vorigen Tages. Vielleicht war die 
Steigung anfangs etwas höher, dafür ging es 
gegen Ende um so steiler bergab. Wirklich 
interessant wurde die Fahrt erst in ihren letzten 
Stunden. Bewundernswert ist die Anlage und 
Ausführung der Strecke. Mit augenfälligem Ge- 
schick wußte der Ingenieur durch zahlreiche 
Serpentinen besonders große Höhenunnterschiede 
auszugleichen; der Bahndamm selber ist überall 
in musterhafter Ordnung. Tunnelanlagen waren 
nicht nötig und auch größere Brückenbauten sind 
auf der Strecke selten. Trotzdem waren natürlich 
Schwierigkeiten genug zu überwinden. Der Dienst 
in den Zügen einschließlich der Führung der 
Lokomotive und der Beaufsichtigung und Repara- 
tur der Strecke liegt nur in den Händen von 
Negern; diese benehmen sich dabei, als hätten 
sie seit Generationen nichts anderes getan. Kurz 
vor Matadi senkt sich die Bahn in ziemlich 
starkem Gefälle zum Kongo hinab. Mehrere 
reißende Gebirgsbäche und tiefe Schluchten werden 
überschritten. An steilen Abhängen ging es in 
langen Windungen entlang. Drei, vier Serpen- 
tinen folgten manchmal ganz dicht aufeinander 
und nun hatte man wirklich den Eindruck einer 
kühn angelegten Gebirgsbahn. 
An der letzten Station vor Matadi überbrückt 
der Schienenstrang noch einmal einen tief unten 
rauschenden bedeutenden Zufluß des Kongo, den 
Mposo, und gleich darauf wird der Kongo selbst, 
den wir bei Léopoldville verließen, wieder sicht- 
bar. Von hohen Bergen umrahmt, rauscht er 
in mächtiger Breite dem Meere entgegen. Eine 
halbe Stunde noch, während der die Bahn am 
linken Ufer des Kongo allmählich absteigt, und 
der Zug fährt auf dem Bahnhof von Matadi 
ein. Eine ganze Anzahl Europäer warten auf 
dem Bahnsteig, zum Teil auf uns, zum Teil auf 
den bald nach uns eintreffenden fahrplanmäßigen 
Zug. Bizekonfsul Schmidt, Inhaber des deut- 
schen Hauses Walter Karl, und der Kommandant 
von Matadi empfangen uns und weisen uns 
unsere Quartiere an. Auf dem Wege dorthin 
genießen wir einen hübschen Blick über Stadt 
und Hafen. Matadi ist als des Kongostaates 
eigentlicher Hafenplatz, bis zu dem auch Ozean- 
dampfer den Strom befahren können, von großer 
Bedeutung. Zahlreiche Regierungs= und Privat- 
gebäude ziehen sich vom Hafen ziemlich hoch auf 
die Berge des linken Ufers hinauf. Alles ist 
aus Eisen und Wellblech gebaut und darum 
nicht so freundlich, wie wir es auf den Stationen 
des oberen Kongo zu finden gewohnt waren. 
Die Stadt ist übel beleumundet wegen ihrer
	        
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