Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Leute konnten vor der Flut den Felsen nicht mehr 
erreichen und flüchteten auf den Dünenhang hin- 
auf, wo sie für die Kamele eine kleine Fläche ab- 
traten, in der die Tiere liegen konnten. Wie sie 
in der Dunkelheit die Kamele den steilen Dünen- 
hang hinaufbekommen hatten, konnten sie selbst 
nicht mehr erklären. Das dritte Kamel hinauf- 
zubringen war unmöglich, da es, ebenso wie die 
beiden anderen verlorenen, stets wieder in den 
Beinen zusammenbrach, sobald es aufgehoben war. 
Um sich selbst aus der Brandung zu retten, mußten 
die Reiter das Tier liegen lassen. Es ist dann 
ebenfalls von der Brandung fortgerissen worden. 
Die drei Leute brachten, vollkommen durchnäßt, 
die kalte stürmische Nacht ohne Schutz am Dünen- 
hange dicht über der Brandung zu. 
Die Kamele scheinen durch die ungewohnte 
Kälte und Nässe eine Art Verschlag gehabt zu 
haben, der sie am Stehen verhinderte, da ihre 
Versuche aufzustehen, als das Wasser immer höher 
kam, vergeblich waren, und sie, aufsgehoben, immer 
wieder zusammenbrachen. Sergeant Kadur hatte 
mit seinen Leuten unter den denkbar größten 
Schwierigkeiten und unter Lebensgefahr versucht, 
die Tiere zu erhalten. Wie ich später erfuhr, haben 
auch Diamantsucher an dieser Stelle schon mehrere 
Kamele verloren. 
Am 16. August wurde der Strand breiter und 
bequem passierbar. Die Dünen, in denen große, 
weiße Muschelflächen lagen, wurden etwas niedri- 
ger. Später traten sie etwas zurück; wir kamen 
auf eine mit Brackbusch bewachsene Fläche und 
waren bald an einem Wasserloch, an dem wir eine 
Anzahl Prospektoren und eine Polizeipatrouille 
von Spencerbucht trafen. Diese Wasserstelle wurde 
nach einem Prospektor Reutter, der vor etwa 
vier Wochen das Masser aufgemacht hatte, 
Reutter brunnen genannt. Die Polizei- 
beamten gaben an, daß wir etwa anderthalb 
Stunden weiter wieder ein Grabloch, sowie reich- 
lich Schilf und Brackbusch für die Kamele finden 
würden. Mittags trafen wir an diesem Brunnen 
ein, an dem sich ein Teil der Expedition eines 
Kaufmanns Tempel befand. Durch meine Ein- 
geborenen ließ ich von den bei Tempol befindlichen 
Buschleuten, die hier gesessen hatten, den Namen 
des Platzes feststellen. Zu unserm Erstaunen er- 
fuhren wir, daß wir in Meob seien. Das 
Wasserloch sei die Wasserstelle der hier lebenden 
Buschleute: Meob-Aub (Schilfquelle, Meob- 
Schilf). Ein drittes Wasserloch, Fischers- 
brunnen, liegt etwa 6 km nördlich. Die mit 
Schilf, Rietgras und Brackbusch bewachsene Fläche 
hat in westöstlicher Richtung eine Ausdehnung 
von etwa 12 km, in nordsüdlicher Richtung etwa 
20 km. Neben Walfischknochen wurden eine 
ganze Anzahl von Gemsbockgerippen gefunden, 
ebenso alte Wildpfade und sehr viele alte Gems- 
  
bocklosung. Während wir sonst an der Küste von 
Landtieren den Schakal angetroffen hatten, sahen 
wir auf Meob neben Landvögeln ein kleines Rudel 
Springböcke. 
Der guten Weideverhältnisse wegen wurde hier 
ein Ruhetag gemacht. Das Wasserloch wurde 
etwa 2 m tief aufgegraben, erweitert und mit 
Wrackholz gefestigt, so daß der von uns gebaute 
Brunnen eine Anlage von dauerndem Wert bleibt 
und reichlich Wasser gibt, das aber, ebenso wie in 
den beiden andern Wasserlöchern etwas brackig ist. 
Die Kamele konnten hier alle getränkt werden, 
das verbrauchte Wasser in den Tins wurde er- 
gänzt, die leeren Grassäcke mit Schilf neu gefüllt, 
so daß wieder jeder Mann für sieben Tage Wasser 
mit sich führte und für die Kamele auf drei Tage 
Futter mitgenommen werden konnte. 
Nach meiner Kenntnis des Tsauchab, den ich 
im Februar 1909 erkundet und aufgenommen 
habe, ist Meob unzweifelhaft die Mündung 
des Tsauchab. 
Da ein Prospektor die Dünen vom Tsauchab 
nach Westen bereits durchzogen hatte, beschloß ich, 
den noch unerforschten Teil der Namib in Höhe 
des 24. Breitengrades zu durchqueren und dabei 
zu versuchen, festzustellen, ob die auf der Kriegs- 
karte verzeichneten Wasserstellen existierten. Da 
Herr Major Märcker den Tsondab abwärts nach 
Westen vorgedrungen war, ohne Wasser zu finden, 
beschloß ich südlich von seiner Marschlinie nach 
Osten vorzugehen. 
Für die Diamantsucher sind diese Wasserstellen 
das fragliche „Paradies ““s, in dem sie den 
eigentlichen Herd der Diamanten vermuten. 
Die auf Meob sitzenden Buschleute gaben an, daß 
sie dort keine Wasserstellen wüßten, sie wollen aber 
gehört haben, daß dort noch Wasser sein sollte. 
Von Weißen konnte ich nur die alten Märchen in 
verschiedener Ausschmückung erfahren. 
Am 18. August marschierten wir nach Norden, 
um südlich von der Empfängnis-Bucht, 
wo die Dünen niedriger werden sollten, nach Osten 
umzubiegen. Wir folgten der vollkommen aus- 
getretenen, nach Walfisch-Bay führenden 
Straße, bis wir sic in dem in der Nacht aufkom- 
menden dichten Nebel verloren. Als wir vor 
Sonnenaufgang abmarschierten, mußte ich nach 
einer halben Stunde wieder halten lassen, weil es 
in dem dichten Nebel unmöglich war, weiterzu- 
marschieren, da man nur undeutlich den Vorder- 
reiter sah und ein Reiten nach dem vollkommen 
beschlagenen Kompaß, dessen Nadel nicht zu er- 
kennen war, ausgeschlossen schien. Auch hatte ich 
Sorge, daß wir in eine der an der Küste entlang 
ziehenden, trügerischen großen Salzpfannen, die 
oft eine mehrere Kilometer lange Ausdehnung 
haben, geraten könnten; diese Pfannen sind nur
	        
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