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Leute konnten vor der Flut den Felsen nicht mehr
erreichen und flüchteten auf den Dünenhang hin-
auf, wo sie für die Kamele eine kleine Fläche ab-
traten, in der die Tiere liegen konnten. Wie sie
in der Dunkelheit die Kamele den steilen Dünen-
hang hinaufbekommen hatten, konnten sie selbst
nicht mehr erklären. Das dritte Kamel hinauf-
zubringen war unmöglich, da es, ebenso wie die
beiden anderen verlorenen, stets wieder in den
Beinen zusammenbrach, sobald es aufgehoben war.
Um sich selbst aus der Brandung zu retten, mußten
die Reiter das Tier liegen lassen. Es ist dann
ebenfalls von der Brandung fortgerissen worden.
Die drei Leute brachten, vollkommen durchnäßt,
die kalte stürmische Nacht ohne Schutz am Dünen-
hange dicht über der Brandung zu.
Die Kamele scheinen durch die ungewohnte
Kälte und Nässe eine Art Verschlag gehabt zu
haben, der sie am Stehen verhinderte, da ihre
Versuche aufzustehen, als das Wasser immer höher
kam, vergeblich waren, und sie, aufsgehoben, immer
wieder zusammenbrachen. Sergeant Kadur hatte
mit seinen Leuten unter den denkbar größten
Schwierigkeiten und unter Lebensgefahr versucht,
die Tiere zu erhalten. Wie ich später erfuhr, haben
auch Diamantsucher an dieser Stelle schon mehrere
Kamele verloren.
Am 16. August wurde der Strand breiter und
bequem passierbar. Die Dünen, in denen große,
weiße Muschelflächen lagen, wurden etwas niedri-
ger. Später traten sie etwas zurück; wir kamen
auf eine mit Brackbusch bewachsene Fläche und
waren bald an einem Wasserloch, an dem wir eine
Anzahl Prospektoren und eine Polizeipatrouille
von Spencerbucht trafen. Diese Wasserstelle wurde
nach einem Prospektor Reutter, der vor etwa
vier Wochen das Masser aufgemacht hatte,
Reutter brunnen genannt. Die Polizei-
beamten gaben an, daß wir etwa anderthalb
Stunden weiter wieder ein Grabloch, sowie reich-
lich Schilf und Brackbusch für die Kamele finden
würden. Mittags trafen wir an diesem Brunnen
ein, an dem sich ein Teil der Expedition eines
Kaufmanns Tempel befand. Durch meine Ein-
geborenen ließ ich von den bei Tempol befindlichen
Buschleuten, die hier gesessen hatten, den Namen
des Platzes feststellen. Zu unserm Erstaunen er-
fuhren wir, daß wir in Meob seien. Das
Wasserloch sei die Wasserstelle der hier lebenden
Buschleute: Meob-Aub (Schilfquelle, Meob-
Schilf). Ein drittes Wasserloch, Fischers-
brunnen, liegt etwa 6 km nördlich. Die mit
Schilf, Rietgras und Brackbusch bewachsene Fläche
hat in westöstlicher Richtung eine Ausdehnung
von etwa 12 km, in nordsüdlicher Richtung etwa
20 km. Neben Walfischknochen wurden eine
ganze Anzahl von Gemsbockgerippen gefunden,
ebenso alte Wildpfade und sehr viele alte Gems-
bocklosung. Während wir sonst an der Küste von
Landtieren den Schakal angetroffen hatten, sahen
wir auf Meob neben Landvögeln ein kleines Rudel
Springböcke.
Der guten Weideverhältnisse wegen wurde hier
ein Ruhetag gemacht. Das Wasserloch wurde
etwa 2 m tief aufgegraben, erweitert und mit
Wrackholz gefestigt, so daß der von uns gebaute
Brunnen eine Anlage von dauerndem Wert bleibt
und reichlich Wasser gibt, das aber, ebenso wie in
den beiden andern Wasserlöchern etwas brackig ist.
Die Kamele konnten hier alle getränkt werden,
das verbrauchte Wasser in den Tins wurde er-
gänzt, die leeren Grassäcke mit Schilf neu gefüllt,
so daß wieder jeder Mann für sieben Tage Wasser
mit sich führte und für die Kamele auf drei Tage
Futter mitgenommen werden konnte.
Nach meiner Kenntnis des Tsauchab, den ich
im Februar 1909 erkundet und aufgenommen
habe, ist Meob unzweifelhaft die Mündung
des Tsauchab.
Da ein Prospektor die Dünen vom Tsauchab
nach Westen bereits durchzogen hatte, beschloß ich,
den noch unerforschten Teil der Namib in Höhe
des 24. Breitengrades zu durchqueren und dabei
zu versuchen, festzustellen, ob die auf der Kriegs-
karte verzeichneten Wasserstellen existierten. Da
Herr Major Märcker den Tsondab abwärts nach
Westen vorgedrungen war, ohne Wasser zu finden,
beschloß ich südlich von seiner Marschlinie nach
Osten vorzugehen.
Für die Diamantsucher sind diese Wasserstellen
das fragliche „Paradies ““s, in dem sie den
eigentlichen Herd der Diamanten vermuten.
Die auf Meob sitzenden Buschleute gaben an, daß
sie dort keine Wasserstellen wüßten, sie wollen aber
gehört haben, daß dort noch Wasser sein sollte.
Von Weißen konnte ich nur die alten Märchen in
verschiedener Ausschmückung erfahren.
Am 18. August marschierten wir nach Norden,
um südlich von der Empfängnis-Bucht,
wo die Dünen niedriger werden sollten, nach Osten
umzubiegen. Wir folgten der vollkommen aus-
getretenen, nach Walfisch-Bay führenden
Straße, bis wir sic in dem in der Nacht aufkom-
menden dichten Nebel verloren. Als wir vor
Sonnenaufgang abmarschierten, mußte ich nach
einer halben Stunde wieder halten lassen, weil es
in dem dichten Nebel unmöglich war, weiterzu-
marschieren, da man nur undeutlich den Vorder-
reiter sah und ein Reiten nach dem vollkommen
beschlagenen Kompaß, dessen Nadel nicht zu er-
kennen war, ausgeschlossen schien. Auch hatte ich
Sorge, daß wir in eine der an der Küste entlang
ziehenden, trügerischen großen Salzpfannen, die
oft eine mehrere Kilometer lange Ausdehnung
haben, geraten könnten; diese Pfannen sind nur