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das sind rund 8⅛ Wagenladungen im täglichen
Durchschnitt, allenfalls befördert werden, wenn
die Bahn nicht allzu ungünstige Linienverhältnisse
aufweist. Die kilometrische Verkehrseinnahme
würde demnach betragen 1100 + 5500 = 6600—
und somit die Betriebskosten decken, das Anlage-
kapital mit 4 v. H. verzinsen, mit 0,6 v. H. tilgen
und noch eine angemessene jährliche Speisung des
Erneuerungsfonds gestatten.
Einen kilometrischen Personenverkehr von jähr-
lich 50 000 Reisenden haben die Usambarabahn
und die Togo-Küstenbahn bereits jetzt aufzuweisen.
Ein kilometrischer Güterverkehr von 25 000 t im
Jahr ist indes bisher nur bei der Otavibahn
erreicht, dort sogar überschritten worden. Die
übrigen deutschen Kolonialbahnen bleiben aber
zur Zeit noch erheblich hinter einem solchen Güter-
verkehr zurück. Hierbei ist indes zu beachten,
daß eine Roheinnahme von 6600 . und eine
Betriebsausgabe von nur 2500 .7“ für das Kilo-
meter den ungewöhnlich niedrigen Betriebs-
koeffizienten von 25: 66 = rund 38 v. H. voraus-
setzt. Auf einen so niedrigen Betriebskoeffizienten
ist aber bei unseren Kolonialbahnen nur unter
besonders günstigen Verhältnissen zu rechnen,
selbst die billig gebaute schmalspurige Otavibahn
hat ihn in ähnlicher Höhe (40 v. H.) nur ver-
möge ihrer ungewöhnlich hohen Tarife halten
können. Es ist daher offenbar, daß die Betriebs-
kosten bei den in Frage stehenden Betriebsleistungen
sich mit 2500 für das Kilometer im allge-
meinen kaum werden bewältigen lassen. Eine
starke Steigerung der Betriebsleistungen würde
selbstverständlich zu einer Ermäßigung der Ein-
heitskosten für das Zugkilometer führen, da bei
einer Zunahme des Betriebes bekanntlich nur ein
Teil der Betriebsausgaben eine Steigerung erfährt.
Eine vollauf befriedigende unmittelbare Renta-
bilität, die eine Verzinsung des Anlagekapitals mit
4 v. H. ermöglicht, wird sich daher für die Kolonial-
bahnen erst erreichen lassen, wenn den gesteigerten
Betriebsaufwendungen regelmäßige Massenfrachten
in geschlossenen Zügen auf lange Strecken durch-
laufend gegenüberstehen, die einen Tarifssatz von
durchschnittlich 20 bis 25 Pf. für das Tonnen-
kilometer tragen können. Anderseits ist aber
hieraus zu erkennen, daß auch der Tarifsatz für
den Personenverkehr nicht zu weit herabgedrückt
werden darf, wenn nicht die Rente der Bahn
leiden soll. Werden mehr Züge gefahren, um
gesteigerten Frachtansprüchen gerecht zu werden,
so entsteht damit sofort die Gefahr einer wesent-
lichen Steigerung der Betriebsausgaben. Es
kommt daher vorerst alles darauf an, die Züge
bis zur vollen Zugbelastung auszunutzen, keinen
Zug zu fahren, der nicht seine volle Last an
Personen und Gütern enthält, und Leerläufe
möglichst zu vermeiden. Es steht auch nichts im
Wege, die Rentabilität der Bahn bei höher ent-
wickeltem Personenverkehr, solange der Güter-
verkehr noch schwach ist, dadurch zu steigern, daß
man den Personentarif etwas höher anspannt,
selbstverständlich nur so weit, daß die Mehr-
ausgabe bei der einzelnen Reise auch nicht einen
einzigen Reisenden von seiner beabsichtigten Fahrt
abschreckt. Man darf nicht übersehen, daß hierbei
die sogenannte mittelbare Rentabilität der Ko-
lonialbahnen noch nicht berücksichtigt ist; diese
besteht bekanntlich darin, daß durch die Bahnen
die Einnahmen an Zöllen, Kopf-, Hütten-, Wege-,
Arbeitssteuern u. dergl. gesteigert, die Ausgaben
für die allgemeine Verwaltung und Sicherung des
Schutzgebiets (Schutztruppe) vermindert werden.
Das angeführte Beispiel für den Nachweis
der Rentabilität einer Kolonialbahn gilt na-
türlich nur ganz im allgemeinen und soll zeigen,
daß einige unserer Kolonialbahnen schon jetzt sich
dem Zustande nähern, wo sie mit Hilfe eines gut
entwickelten Personen= oder Güterverkehrs den
Schutzgebieten eine befriedigende Rente auf das
verwendete Anlagekapital sichern.
Um einen lebhaften Ausfuhrhandel zu ent-
wickeln, wird es freilich mit der Zeit notwendig
werden, die Tarifsätze des Güterverkehrs von
20 bis 22 Pf. für das Tonnenkilometer wesent-
lich herabzusetzen, namentlich wenn es sich erst
um weitere Frachtwege von 200 bis 300 km
Länge und mehr handelt. Denn bei einem
Frachtsatz von beispielsweise 22 300 Pf. = 66./7
für die Tonne können natürlich nur hochwertige
Güter für die Verfrachtung in Betracht kommen.
Hier wird also, sobald erst einmal eine be-
friedigende Rentabilität der Bahn erreicht ist,
alsbald mit Einführung von Staffeltarifen und
mit Tarifermäßigungen vorzugehen sein, um auch
für geringwertige Güter in größeren Frachtmengen
und auf weitere Entfernungen eine Verfrachtung
zu ermöglichen.
III.
Selbstkosten für das Personen- und das
Tonnenkilometer.
Für die Beurteilung der einzuführenden Tarife
ist von großer Bedeutung die Kenntnis der
Selbstkosten für das Personenkilometer und für
das Tonnenkilometer bei der Höhe eines be-
stimmten Verkehrs. In dieser Beziehung gibt die
nachstehende Nachweisung bemerkenswerte Auf-
schlüsse. Sie enthält für das Rechnungsjahr 1908
für die Usambarabahn, für die Togobahnen
(Küsten= und Jnulandbahn) und für die Bahnen
in Deutsch-Südwestafrika die Zugkilometer, die
Wagenachskilometer, das Prozentverhältnis der
Leerläufe der Güterwagen und die Durchschnitts-