Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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mitzugehen, fing er an zu drohen. Wären wir 
nicht freiwillig mitgegangen, dann hätte er seine 
Begleiter gerufen, und was dann geschehen wäre, 
hätten wir nicht verantworten können, denn unsere 
Dorfbewohner hatten sich zum Kampfe bereit ge- 
macht.,. Wir waren also jetzt in den Händen 
des gegen uns gedungenen Häuptlings, 
der, als er den guten Ausgang seines Unter- 
nehmens sah, noch mehr Mut bekam. Es war 
Sonntag, den 27. Dezember, morgens 8 Uhr, als 
wir noch einen letzten Blick in unsere Zimmer 
taten und dann zuschlossen. Wir wußten wohl, 
daß wir nichts von dem, was wir zurücklassen 
mußten, wiedersehen würden, denn es hatten sich 
viele Menschen angesammelt und warteten nur 
auf den Augenblick unseres Abzuges. Wir sahen, 
wie sie gierige Blicke auf unsere Sachen richteten, 
und jeder schien sich schon sein Teil auszuersehen. 
Wir durften nur jeder zwei Traglasten mitnehmen, 
alles andere mußten wir zurücklassen. Mit uns 
ging nur der Häuptling, der uns gefangen hatte, 
unsere Träger und zwei Hausjungen. Alle anderen 
blieben zurück, um zunächst unseren Häuptling in 
Ndogongi einzufangen und dann die Missions- 
station zu plündern. Um 1 Uhr mittags kamen 
wir auf dem Gehäöft unseres Gefangenenwärters 
in der Nähe des Eboflusses an. Hier sollten wir 
zunächst drei bis vier Tage bleiben. Auf unsere 
Gegenvorstellungen wurde uns erklärt: „Ihr seid 
jetzt meine Gefangenen, ihr müßt tun, was ich 
will.“ Eine elende Hütte, bestehend aus einem 
Raum, diente uns vier Personen als Schlafraum. 
Stühle, Tische oder sonstiges Mobiliar gab es 
nicht. Sonntag und Montag vormittag verbrachten 
wir in dieser Gefangenschaft und sahen den kom- 
menden Ereignissen mit eigenartigen Gefühlen 
entgegen, nicht wissend, was auch nur die nächsten 
Stunden uns bringen würden. 
Am Mittag des 28. Dezember machte sich 
unter den Schwarzen eine eigenartige Bewegung 
bemerkbar. Ein deutscher Polizeimeister, der 
einen Provianttransport nach Jabassi zu beauf- 
sichtigen hatte, war mit dreißig Trägern, zwei 
Polizisten und fünf Soldaten in Ndogongi ein- 
getroffen. Er fand die Station verlassen und ge- 
plündert. Nachdem er Erkundigungen nach unserem 
Verbleib eingezogen hatte, sandte er sofort zwei 
Soldaten und fünf Begleiter uns nach, um uns 
zurückzuholen. Sie fanden uns auch auf dem 
obenbeschriebenen Gehöft. Unser Peiniger hatte 
sich, sobald er von dem Herannahen der Soldaten 
hörte, aus dem Staube gemacht, denn er wußte 
wohl, was seiner wartete, falls die Soldaten ihn 
fangen würden. Nur zwei seiner Helfershelfer 
konnten noch eingefangen werden. Eine halbe 
Stunde später traf Missionar Herwig den Häupt- 
  
ling, und da er glaubte, daß er nur durch Ver- 
sprechen von Geschenken verleitet worden sei, riet 
er ihm, sich ja nicht sehen zu lassen. Statt auf 
den Wink zu achten, ging der arme Mensch fort 
und rief alle Männer der ganzen Umgebung zu- 
sammen, um uns samt den Soldaten des Nachts 
zu überfallen und zu ermorden, damit wir ihm 
nicht entgehen sollten. Doch erfuhren wir auch 
dies durch einen unserer Schüler. Wir saßen die 
ganze Nacht auf dem Hofe. Die Soldaten und 
andere Männer gingen Wache haltend immer auf 
und ab. Gegen Morgen, als der Mondschein 
nachließ, zündeten wir ein Leuchtfeuer an, um 
alles scharf beobachten zu können. Somit wurde 
auch dieser Plan, uns umzubringen, ver- 
eitelt. Am nächsten Morgen versuchten wir, 
zwei unserer eingeborenen Lehrer, die zu uns ge- 
kommen waren, nach Ndogongi zu schicken, aber 
auch sie standen in Gefahr, ermordet zu werden. 
Nun beschlossen wir selbst zu gehen, ließen aber 
die Lehrer und unseren Jungen zurück, um unsere 
Sachen zu bewachen. Wir kamen aber nicht weit, 
denn die Aufregungen und Anstrengungen der 
letzten Tage und Nächte machten sich bemerkbar. 
Nach etwa einstündigem Marsche blieben auch wir 
unterwegs liegen und schickten einen Soldaten mit 
zwei Begleitern voraus, den Polizeimeister zu be- 
nachrichtigen; den anderen Soldaten mit drei Be- 
gleitern behielten wir zu unserem Schutze bei uns. 
Ehe die Nacht hereinbrach, kehrten wir zu unseren 
Sachen zurück, aber wie staunten wir, als wir 
weder Lehrer noch Jungen noch Sachen vor- 
fanden! Letztere waren geraubt worden und die 
Beschützer geflohen. So standen wir nun da und 
hatten nichts behalten, als was wir auf dem Leibe 
trugen. Inzwischen traf auch der Provianttrans= 
port von Ndogongi ein, und wir entschlossen 
uns, noch in derselben Nacht mit dem Polizei- 
meister weiterzureisen. Wie dankbar waren wir 
dafür, daß wir auf diese Weise den Händen unserer 
Mäörder entkommen waren und nun mit der Po- 
lizeitruppe weiterziehen konnten! 
Am 31. Dezember trafen wir in Nyamtang 
ein. Die Station fanden wir gänzlich geplündert 
vor. Zu unserer Freude erfuhren wir aber auch, 
daß die eingeborenen Christen versuchten, die Ver- 
sammlungen und, soweit als möglich, auch die 
Missionsarbeit sortzusetzen. Missionar Herwig 
und Frau gingen mit dem Polizeimeister, der nach 
Jaunde zurückkehrte, während Missionar Kroitzsch 
und ich beschlossen, nach Duala zu reisen. Ein 
Soldat und einige Begleiter wurden uns vom 
Polizeimeister zur Weiterreise mitgegeben. Am 
zweiten Marschtage trafen wir dann unterhalb 
Jabassi mit den Engländern zusammen und 
wurden von ihnen als Gefangene erklärt und
	        
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