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mangelnde Pflege unter den Kindern in den ersten
Lebensjahren forderten, waren allerdings auch
sehr groß. Beachtung verdient hier ein von den
Missionarinnen der amerikanischen Mission in Luebo
eingerichteter Unterricht für Wöchnerinnen in der
Kinderpflege. Die Missionarinnen ließen sich die
in der Nähe ihrer Mission geborenen Kinder
zweimal wöchentlich vorführen und erteilten den
Müttern Unterweisung in der Pflege und Haltung
der Kinder. Diejenigen Mütter, deren Kinder
nach Ablauf eines Monats am besten gehalten
waren, erhielten kleine Preise: ein Verfahren und
eine Beschäftigung für weiße Frauen in den
Tropen, die wohl auch in unseren Kolonien
Nachahmung verdiente.
Die Verwaltungs= und Gerichtsorganisation
des Bezirks.
Solange die Konzession der Compagnie du
Kasai bestand (vgl. hierüber weiter unten), kümmerte
sich der Staat kaum um diese Gebiete. Er
unterhielt in dem heutigen Kasaibezirk nur die
Station Luluaburg, außerdem in den früher
noch zum Kasaibezirk gehörenden angrenzenden
Gebieten die Stationen Kanda-Kanda und Dilolo.
Luebo war in den letzten Jahren vor Ablösung
der Konzession der Compagnie du Kasai ebenfalls
aufgegeben. Man ließ die Compagnie du Kasai
nach ihrem Belieben schalten und walten, und es
ist daher nicht verwunderlich, wenn sich in der
Vorstellung der Eingeborenen die Begriffe Staat
und Compagnie du Kasai zu einem einzigen ver-
schmolzen. Hatte doch auch die Compagnie eine
eigene Polizeitruppe. Heute beginnen die Ein-
geborenen den Unterschied zu verstehen, und die
seit dem 1. Januar 1914 durchgeführte Ver-
waltungsorganisation wird dazu beitragen, dies
Verständnis zu verallgemeinern.
Verwaltungstechnisch hängt der Bezirk vor-
läufig noch unmittelbar von dem Generalgouverne-=
ment in Boma ab. Die Durchführung der Provinz-=
einteilung des Kongo dürfte ihn wahrscheinlich
dem Bizegeneralgouvernement in Kinshafa zu-
weisen. Sitz des Bezirksamtmannes ist vorläufig
noch Luebo, an der Einmündung des gleichnamigen
Flusses in den Lulua und am Endpunkt der
Schiffbarkeit dieses Flusses gelegen. Doch war
geplant, den Sitz des Bezirksamts nach Dioko-
Punda an den Endpunkt der Schiffbarkeit des
Kasai zu verlegen. Die ersten Rodungsarbeiten
waren in Djoko-Punda schon eingeleitet. Für
die Verlegung des Bezirksamts sprechen folgende
Erwägungen:
1. der Kasai bleibt das ganze Jahr hindurch
für die kleineren Dampfer schiffbar, während der
Lulua in der Trockenzeit selbst für die kleinen
„Délivrances“ außerordentliche Schwierigkeiten
bietet;
2. die Eisenbahn Bascongo—Katanga wird
zwar Djoko-Punda, nicht aber Luebo berühren;
3. die Verbindung der Diamantminen am
Tshikapa mit Europa erfolgt über Djoko-Punda;
4. das Innere des Bezirks ist leichter von
Djioko-Punda als von dem durch sehr steile Täler
abgeschnittenen Luebo zugänglich.
Gegen die Verlegung spricht, daß um Luebo
eine auf etwa 20 000 Seelen geschätzte Bevölke-
rung ansässig ist, die zwar nicht die Urbevölkerung
der Gegend, sondern erst dem Europäer dorthin
gefolgt ist, die aber trotzdem schon dort Boden-
werte geschaffen hat. In Djoko-Punda fehlt es
bisher ganz an einer Bevölkerung. Der dichte
Urwald daselbst erschwert die Niederlassung er-
heblich. In Dijioko-Punda ist die Glossina
palpalis nach den Angaben des Regierungsarztes
verhältnismäßig zahlreich, in Luebo dagegen sehr
selten. Die Aussichten des Bahnbaus sind, wie
noch weiter unten zu zeigen sein wird, vorläufig
recht gering. Für die Diamantminen der For-
minidre wird Djoko-Punda stets nur ein Durch-
gangsposten bleiben, der Hauptsitz dieser Gesellschaft
wird stets im eigentlichen Diamantengebiet, d. h.
in Tshikapa selbst bleiben. Nicht zu vergessen
bleibt schließlich, daß gerade jetzt der Zeitpunkt
für die Vornahme der Verlegungsarbeiten im
Hinblick auf die ungünstigen Finanzverhältnisse
der Kolonie denkbar schlecht gewählt ist. Denn
wenn auch die Anlagen in Luebo zur Zeit noch
recht primitiv sind und eine Erweiterung erforder-
lich machen sollten, so dürften sie doch keineswegs
so hohe Kosten verursachen wie die Neuschaffung
eines Postens in dem bisher von Urwald bedeckten
Dioko-Punda. Wird die Bahn Bascongo —Katanga
nicht gebaut, dann fällt ein wesentlicher Grund
für die Verlegung fort. Wird sie aber gebaut,
so bleibt abzuwarten, ob alsdann nicht der Be-
zirksamtssitz in den eigentlichen Bevölkerungszentren
im Innern des Bezirks, die ja auch alsdann eine
gute Verbindung mit dem Meere hätten, wesent-
lich zweckmäßiger wäre. Hiernach erscheint die
Frage der Verlegung des Bezirksamtssitzes zur
Zeit noch nicht spruchreif, und es dürfte, um den
so häufig im Kongo gemachten Fehler der Ver-
legung von Posten nach Augenblicksbedürfnissen
zu vermeiden, sich empfehlen, bis auf weiteres
den Amtssitz in Luebo zu belassen.
Der Bezirk ist durch Verfügung des General-
gouverneurs vom 28. November 1913 in folgende
10 Territoires geteilt: Basongo, Kamtscha-Lubue,
Haute-Loange, Mushenge, Luebo, Luluaburg, Ka-
lamba, Sadi, Dibaia und Luisa. Die ungefähren
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