Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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Schüler in der Wahl ihres Berufs frei seien und 
naturgemäß auch der Regierung oder privaten 
Unternehmungen für deren Zwecke zur Verfügung 
ständen. 
Ein arabischer Einfluß besteht im ganzen 
Bezirk bisher noch nicht, selbst arabische Händler 
haben sich hier noch nicht betätigt. 
Landwirtschaft, Fischerei und Jagd. 
Das Gouvernement hat im Bezirk eine land- 
wirtschaftliche Station in Miau, 42 km südlich 
Luluaburg am Ufer des gleichnamigen Flusses 
gegründet. Die Station liegt auf etwa 600 m 
Meereshöhe; sie ist mit Luluaburg durch eine 
sogenannte route carossable= verbunden, die 
auf der Wasserscheide zwischen Miau und Lulua 
entlang führt und tatsächlich auch befahrbar sein 
soll. Die Station teilt das Schicksal so mancher 
anderen Station im Belgischen Kongo: Sie wurde 
erst im Jahre 1912 gegründet, indem die beiden 
früher im alten Kasaibezirk in Lusambo und Lulua- 
burg bestehenden landwirtschaftlichen Stationen nach 
hier zusammengelegt wurden. Doch schon jetzt 
steht eine erneute Verlegung in Frage. Zwar 
find die Weide= und Wasserverhältnisse in Miau 
verhältnismäßig gut und das Klima scheint frischer 
als in Luluaburg — meteorologische Beobachtungen 
sind noch nicht gemacht —, aber es findet sich 
auch in den Galeriewäldern des Flusses die 
Glossina palpalis (angeblich nicht die morsitans), 
und im Jahre 1913 hat die Station etwa ein 
Drittel ihres Rindviehbestandes, insgesamt 150 
Haupt, verloren. Bei 70 Tieren wurde hierbei 
Tripanose als Todesursache festgestellt. Seit Be- 
ginn des Jahres 1914 sollen die Gesundheits- 
verhältnisse des Rindviehs wieder normal sein, 
die Sterblichkeit soll nicht mehr wie 1 bis 2 v. H. 
pro Monat betragen. 
Der Viehbestand der Station betrug im 
Sommer 1914 
1. etwa 300 Haupt Rindvieh, 
2. 15 aus Italien eingeführte Esel, 
3. 8 Pferde, davon 2 aus Dakar, die übrigen 
aus dem Oubangui, 
4. ein Bulle der rotweißen flämischen Rasse 
aus Belgien; seine ersten Nachkommen wurden 
zum Oktober 1914 erwartet, 
5. 110 Schafe, 
6. 26 Ziegen. 
Schafe und Ziegen kommen augenscheinlich 
schlechter auf der Station fort, als sie bei den 
Eingeborenen selbst zu gedeihen pflegen. Der 
Grund scheint der zu sein, daß sie bei den Ein- 
  
geborenen als Haustiere im eigentlichsten Sinne 
des Wortes gehalten werden und die von der 
Tafel der Eingeborenen abfallenden Speisereste: 
Maniok, Mais, Hirse usw. als Kraftfutterzugabe 
verzehren, während sie auf der Station lediglich 
auf den Weidegang angewiesen sind. Die Haltung 
der Schafe und Ziegen soll daher auf der Station 
aufgegeben werden. 
Die Station verfolgt folgende Ziele: 
1. sie will die Eingeborenen mehr für die 
Viehzucht interessieren, 
2. unter ihnen die Viehzucht mehr verbreiten 
und die vorhandenen Bestände verbessern, 
3. den Missionen für ihre Viehzucht unent- 
geltlich Vieh liefern, 
4. außerdem einige Kulturversuche anstellen. 
Zur Zeit werden auf der Station Versuche 
mit Mais, Maniok, Sojabohnen, Teosinth (7) und 
Panicum angestellt. Man hat auch schon Ver- 
suche mit dem Anbau von Weizen gemacht, doch 
bisher ohne besonderen Erfolg. Auch Baumwolle 
ist in kleinem Maßstabe versuchsweise angepflanzt 
worden. Die Faser war sehr schön weiß, doch 
war der Stapel kurz und nicht sehr fest. Der 
Boden des Bezirks, der entweder sehr lehmig 
oder aber leichter Sandboden ist, würde sich 
vielleicht auch zum Anbau der Erdnuß in größerem 
Stil eignen, doch sind eingehende Untersuchungen 
hierüber noch nicht angestellt. 
Der landwirtschaftliche Dienst des Bezirks um- 
faßt zur Zeit drei Personen: 
1. den Bezirkslandwirt, der hauptsächlich die 
Kulturen der Eingeborenen zu studieren und auf 
deren Verbesserung und Ausbreitung hinzu- 
arbeiten hat, 
2. unter ihm den Bezirkstierarzt, der den 
Gesundheitszustand der Tiere auf der Station 
Miau zu überwachen, die Tierkrankheiten zu 
studieren und auf Verbesserung der Züchtung der 
Eingeborenen zu sehen hat; beide Beamte sind 
für die beiden Bezirke Kasai und Sankuru zu- 
ständig, 
3. den Leiter der Station Mian. 
Andere Viehzuchtstationen oder Pflanzungen 
des Gouvernements existieren im Bezirk nicht, 
will man nicht die kleinen Kaffeepflanzungen und 
Obstgärten, die sich bei einzelnen Stationen 
finden, hierher rechnen. Doch sind diese un- 
bedeutend, da das Interesse der Beamten für 
den Anbau von Fruchtbäumen im allgemeinen 
gering ist. Die Missionen unterhalten Rindvieh- 
herden für den eigenen Butter= und Milchbedarf. 
Die Herde der katholischen Mission in Hemptinne 
zählte 85 Haupt, insgesamt besaß die katholische
	        
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