30 II. Teil. Hentige staatsrechtliche Stellung der Oberlansitz.
zugestalten, denn in dieser Fassung hat sie gar keine praktische Bedeutung.
Die Frage, welches nun im Einzelnen die eigentümlichen Verhältnisse
seien, die berücksichtigt werden sollen, wird sich lediglich nach dem
Gutdünken der Regierung beantworten. Ferner ist dieser Satz un—
praktisch, weil ihm gar kein rechtlicher Zwang zur Seite steht; die
Uebertretung einer so unbestimmt gehaltenen Gusicherung kann unmöglich
Ungültigkeit des übertretenden Gesetzes für die ÖOberlausitz nach sich
ziehen. Es bleibt also diese Bestimmung im Bereiche der frommen
Wünsche. — In den weiteren Haragraphen hat aber die Urkunde
Bestimmungen getroffen, welche sich als wirkliche Schranke der Gesetz-
gebung erweisen. ach § 2 Abs. 5 bedarf es, um erbländische Gesetze
auf die Oberlausitz auszudehnen, der Sustimmung der Oberlausitzer
Drovinzialstände. Die Regierung soll demnächst ermächtigt werden,
derartige Gesetze, wenn sie nur der Gustimmung der DOrovinzialstände
gewiß ist, publizieren zu dürfen, ohne vorher die allgemeine Stände-
versammlung befragen zu müssen. Ferner kann (8 5) an der Religions-
und kirchlichen Derfassung der Oberlausitz, wie solche durch den Tradi-
tionsrezeß und Traditionsabschied vertragsmäßig feststeht, ohne Zu—
stimmung der Hrovinzialstände Michts geändert werden. Dasselbe gilt
(§ 4 Abs. 1) in Bezug auf die Lehensverhältnisse der Oberlausitzer
Dasallen. Zezüglich der Gewerbegesetzgebung (8§ 5) besteht die Schranke,
daß die Gewerbefreiheit der Oberlausitz nicht unter das „Kaß derselben
herabgedrückt werden darf, welches ihr ihre besondere Gewerbever-
fassung gewährt; außerdem kann die Befugnis der Stadträte und
Gutsherrschaften zur Erteilung von Uonzessionen für die Zetreibung
von Gewerben, nebst den für selbige daraus hervorgehenden nutzbaxei
Rechten, nur gegen eine mit Sustimmung der Orovinzialstände für
angemessen erachtete Entschädigung geschmälert oder aufgehoben werden.
Das Gewerbegesetz vom 15. October 1861 ist mit Sustimmung der
Drovinzialstände auch in die Oberlausitz eingeführt worden. Doch ist
dabei ausgemacht worden, daß für die Oberlausitz eine Einschränkung