Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

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§. 81. 
Wer außer den Fällen des §. 80 es unternimmt, 
1) einen Bundesfürsten zu tödten, gefangen zu nehmen, in Feindes Gewalt 
zu liefern oder zur Regierung unfähig zu machen, 
2) die Verfassung des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaats oder die 
in demselben bestehende Thronfolge gewaltsam zu ändern, 
3) das Bundesgebiet ganz oder theilweise einem fremden Staate gewaltsam 
einzuverleiben oder einen Theil desselben vom Ganzen loszureißen, oder 
4) das Gebiet eines Bundesstaats ganz oder theilweise einem anderen 
Bundesstaate gewaltsam einzuverleiben oder einen Theil desselben vom 
Ganzen loszureißen, 
wird wegen Hochverraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher 
Festungebaft bestraft.    
 Sind  mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter fünf Jahren ein. 
Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, 
sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden. 
§. 82. 
Als ein Unternehmen, durch welches das Verbrechen des Hochverraths 
vollendet wird, ist jede Handlung anzusehen, durch welche das Vorhaben unmit- 
telbar zur Ausführung gebracht werden soll. 
§. 83. 
Haben Mehrere die Ausführung eines hochverrätherischen Unternehmens 
verabredet, ohne daß es zum Beginn einer nach §. 82 strafbaren Handlung 
gekommen ist, so werden dieselben mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder 
mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter 
zwei Jahren ein. 
Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, 
sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden. 
§. 84. 
Die Strafvorschriften des §. 83 finden auch gegen denjenigen Anwendung, 
welcher zur Vorbereitung eines Hochverraths entweder sich mit einer auswärtigen 
Regierung einläßt oder die im von dem Reich oder einem Bundesstaate an- 
vertraute Macht mißbraucht oder Mannschaften anwirbt oder in den Waffen einübt. 
§. 85 
Wer öffentlich vor einer Menschenmenge, oder wer durch Verbreitung oder 
öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen 
Darstellungen zur Ausführung einer nach §. 82 strafbaren Handlung auffor- 
dert, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Festungshaft von gleicher 
Dauer bestraft.
	        
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