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§. 472.
Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in
welchem zur Jeit des Verkaufs der Werth der Sache in mangelfreiem Zustande zu
dem wirklichen Werthe gestanden haben würde.
Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die
Minderung nur wegen einzelner Sachen statt, so ist bei der Herabsetzung des Preises
der Gesammtwerth aller Sachen zu Grunde zu legen.
§. 473.
Sind neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreise Leistungen bedungen, die nicht
vertretbare Sachen zum Gegenstande haben, so sind diese Leistungen in den Fällen
der §§. 471, 472 nach dem Werthe zur Zeit des Verkaufs in Geld zu veranschlagen.
Die Herabsetzung der Gegenleistung des Käufers erfolgt an dem in Geld festgesetzten
Preise; ist dieser geringer als der abzusetzende Betrag, so hat der Verkäufer den
überschießenden Betrag dem Käufer zu vergüten.
§. 474.
Sind auf der einen oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann von
jedem und gegen jeden Minderung verlangt werden.
Mit der Vollziehung der von einem der Käufer verlangten Minderung ist die
Wandelung ausgeschlossen.
§. 475.
Durch die wegen eines Mangels erfolgte Minderung wird das Recht des
Käufers, wegen eines anderen Mangels Wandelung oder von neuem Minderung zu
verlangen, nicht ausgeschlossen.
§. 476.
Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewähr-
leistung wegen Mängel der Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn
der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt.
§. 477.
Der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung sowie der Anspruch auf
Schadensersatz wegen Mangels einer zugesicherten Eigenschaft verjährt, sofern nicht der
Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen Sachen in sechs
Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahre von der Uebergabe
an. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden.
Beantragt der Käufer gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises,
so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis zur Beendigung
des Verfahrens fort. Die Vorschriften des §. 211 Abs. 2 und des §. 212 finden
entsprechende Anwendung.
Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines der im Abs. 1 be-
zeichneten Ansprüche bewirkt auch die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung
der anderen Ansprüche.
Reichs. Gesetzbl. 1896 47