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Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
1. wenn nach den Gesetzen des Staates, welchem der Kläger angehört, ein
Deutscher in gleichem Falle zur Sicherheitsleistung nicht verpflichtet ist;
2. im Urkunden- oder Wechselprozesse;
3. bei Widerklagen;
4. bei Klagen, welche in Folge einer öffentlichen Aufforderung angestellt
werden;
5. bei Klagen aus Rechten, welche im Grundbuch eingetragen sind.
§. 111.
Der Beklagte kann auch dann Sicherheitsleistung verlangen, wenn im Laufe
des Rechtsstreits der Kläger die Eigenschaft eines Deutschen verliert oder die Vor-
aussetzung, unter welcher der Ausländer von der Sicherheitsleistung befreit war,
wegfällt und nicht ein zur Deckung ausreichender Theil des erhobenen Anspruchs
unbestritten ist.
§. 112
Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gerichte nach freiem
Ermessen festgesetzt.
Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozeßkosten zu Grunde zu legen,
welchen der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Beklagten
durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.
Ergiebt sich im Laufe des Rechtsstreits, daß die geleistete Sicherheit nicht
hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen,
sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Theil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.
§. 113.
Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist
zu bestimmen, binnen welcher die Sicherheit zu leisten sei. Nach Ablauf der Frist
ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet
ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des
Klägers zu verhandeln ist, dasselbe zu verwerfen.
Siebenter Titel.
Armenrecht.
§. 114.
Wer außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie
nothwendigen Unterhalts die Kosten des Prozesses zu bestreiten, hat auf Bewilligung
des Armenrechts Anspruch, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechts-
vertheidigung nicht muthwillig oder aussichtslos erscheint.