146 III. 3. Troppau und Laibach.
Regierung des Festlandes erlauben durfte, zur Schau zu tragen, und
längst betrachtete es die Welt als ein politisches Naturgesetz, daß alle
Bundesgenossen des treulosen Albion unfehlbar betrogen wurden. Schließ-
lich kam doch selbst für diese unangreifbare Insel der Tag, da sie erfahren
mußte, daß auch im Völkerverkehr sittliche Mächte wirken und jeder Staat
durch das Uebermaß der Untreue sein eigenes Ansehen zerstört. In
Spanien, in Portugal, in Sicilien, in Preußen, überall hatte England
seine treuen Waffengefährten preisgegeben oder übervortheilt. Der englische
Name, der in den napoleonischen Tagen weithin durch die Welt geleuchtet
hatte, war jetzt allgemein verhaßt; Lord Castlereagh galt auf dem Continente
nur noch für den dienstwilligen Schleppträger Metternich's, und nicht mit
Unrecht schleuderte Brougham den unfähigen Ministern den Vorwurf zu:
unter ihrer Leitung sei Großbritannien nur eine Macht zweiten Ranges.
In diesem Augenblicke allgemeiner Unzufriedenheit, im Januar 1820
starb der geisteskranke greise König. Der letzte und nichtigste der nichtigen
vier George bestieg den Thron und bewährte sofort, daß er wirklich, wie
Lord Byron schon dem Prinzregenten zugerufen hatte, aus dem blutigen
Staube des kopflosen Karl I. und des herzlosen Heinrich VIII. geformt
war. Sein Dichten und Trachten ging auf die Vernichtung der unglück-
lichen Königin Karoline. Der Treulose, dessen ganzes häusliches Leben
nur ein fortgesetzter Ehebruch gewesen, hatte die Stirn, seine Gemahlin
öffentlich der Untreue anzuklagen. Auch die gefährliche Verschwörung
des Radicalen Thistlewood gegen das Leben der Minister, die im Februar
entdeckt wurde, brachte den König nicht auf ernstere politische Gedanken.
Seine eigenen Minister und alle befreundeten Höfe sahen mit Schrecken
einen europäischen Scandal voraus und riethen dringend ab; man erwog
bereits, ob nicht Metternich selbst nach London gehen sollte, um den ärger-
lichen Handel beizulegen.) Sobald sich aber zeigte, daß Georg IV. von seinem
längst gehegten Entschlusse nicht abzubringen war, lieh der österreichische
Staatsmann dem alten Bundesgenossen unbedenklich seinen Beistand. Seit
Jahren waren die Diplomaten des Prinzregenten der verfolgten Fürstin
auf ihren Reisen nachgegangen, erlauchte Namen aus dem englischen und
hannoverischen Adel hatten sich nicht gescheut die Bettmädchen in den Gast-
höfen auszuhorchen. Jetzt legte sich auch die bewährte k. k. Polizei ins
Zeug und trieb in Mailand ein ganzes Gelichter von Lakaien, Kurieren
und Zofen zusammen, das in London wider die Königin aussagen sollte,
und der Kurfürst von Hessen sendete dienstbeflissen seinen Hofbereiter als
Zeugen hinüber.“)
So begann denn im August der Proceß der Königin vor dem Ober-
hause, und fast ebenso erregt wie die Engländer folgten die Deutschen
*) Bernstorff an Ancillon, 20. Mai 1820.
**) Piquot's Bericht, Wien 17. April; Hänlein's Bericht, Kassel 28. August 1820
u. s. w. u. s. w.