Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Nachgiebigkeit der Krone. 285 
verflucht wurde, blieb in den Augen des gläubigen deutschen Katholiken 
doch immer der heilige Vater. Seinen Weisungen gemäß erklärte Brühl 
bis zuletzt: nun und nimmermehr dürfe der Erzbischof amtlich zurückkehren. 
An Thile aber schrieb er traurig: ich bin kein Diplomat, „ich kann mit dem 
Papste nicht feilschen“, ich vermag „den edlen Greis“ nicht mehr zu be— 
drängen, da mein Gewissen ihm recht gibt.“) So reiste er zum zweiten 
Male heim, wieder ohne Ergebnis. 
Der König, der schon während der Verhandlungen mehrmals ge— 
schwankt hatte, fühlte sich schmerzlich überrascht; er meinte: die Vorschläge 
des römischen Stuhls „erfordern eine sehr reife Prüfung, zumal der 
Konsequenzenmeines Neins.“ Nun kam auch noch ein Brief von 
seinem Oheim, dem Prinzen Heinrich, der sich seit langen Jahren tief in die 
römische Welt eingelebt hatte und bei vielen, wohl mit Unrecht, für einen ge- 
heimen Katholiken galt. Der kranke Prinz schrieb in seiner munteren, geist- 
reichen Weise: das sei doch das einfachste von der Welt, wenn Droste für 
einen Tag nach Köln käme und sich dann sogleich fortscheren müßte. 5) Nach 
qualvoller Überlegung entschloß sich der König, auch der letzten Zumutung 
des Vatikans zu willfahren. Er wollte wirklich erlauben, daß die rheinischen 
Ultramontanen auf dem Grabe seines edlen Vaters einen Tag hindurch 
ihre Triumphtänze abhielten. Droste sollte zur Bischofsweihe zurückkehren, 
und Brühl erhielt Befehl, mit neuen Weisungen versehen, zum dritten 
Male nach Rom zu gehen.?) 
Und noch eine neue Anmaßung des Papstes ließ der Monarch sich bieten. 
Eben jetzt, zu Ende Aprils, war der wackere Kölnische Generalvikar Hüsgen 
gestorben, der in diesen schweren Übergangsjahren die provisorische Ver- 
waltung des Erzbistums zur vollen Zufriedenheit des alten wie des 
neuen Königs geführt hatte. Das Domkapitel fragte zunächst beim Ober- 
präsidenten an, ob Droste wieder eintreten oder bei der Wiederbesetzung 
des Generalvikariats mitwirken dürfe. Auf die verneinende Antwort wurde 
die Neuwahl vollzogen, ganz in der nämlichen Weise wie 1837 nach 
Drostes Wegführung, und der neue Generalvikar Kanonikus Müller, ein 
würdiger, friedfertiger geistlicher Herr gleich seinem Vorgänger, erhielt von 
Seiten des Oberpräsidenten die Bestätigung. Der Papst aber sah in 
diesem Verfahren frevelhaften Ungehorsam, denn nicht einmal für die 
kurze Zeit bis zur nahen Ausgleichung wollte er dem vermaledeiten Dom- 
kapitel die provisorische Verwaltung, die er doch bisher geduldet hatte, 
erlauben. Er erklärte die Wahl für nichtig und ernannte seinerseits 
den Kanonikus Iven, den einzigen Ultramontanen im Domkapitel, der 
sich allein der Wahl enthalten hatte und dafür auch das besondere Lob 
*) Brühls Berichte, 26. Dez. 1840 bis 1. Mai 1841. 
**) König Friedrich Wilhelm an Thile, 13. Mai; Prinz Heinrich an den König, 
24. April 1841. 
7###) Thile an Brühl, 21. Mai, 22. Juni 1841. 
 
	        
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