Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

ihm allmählich in den kahlen Schädel steigt. Von der Rechten 
wird ihm entgegengerufen, es müsse ein unabhängiges Gericht 
sein. Das sagt er zu. Es fragt sich nur, was ein Scheidemann 
unter Unabhängigkeit versteht. Zedenfalls meint er ein ganz 
anderes Gericht als dasjenige, das in dem Verfassungsentwurf 
für Verfehlungen von Staatomännern vorgesehen ist. Die 
ganze Affäre ist beispiellos, ist überhaupt ohne Vorgang in 
der deutschen Geschichte; man muß schon auf die Zeit der fran- 
zösischen Revolutionsgerichte zurückgreifen, um etwas Ahn- 
liches zu finden. 
Die Regierung weiß in ihren Nöten nicht mehr aus. noch 
ein. Sie ist auf der schiefen Ebene, gedrängt von den Unab- 
hängigen und Spartakisten, ins Rutschen gekommen. Sie 
bringt ein vollkommen kommunistisches Steuerprogramm, das 
den berühmten Satz des alten Mihilisten Proudhon wider- 
spiegelt: „Eigentum ist Diebstahl.“ Sie wird auch dadurch 
die Dränger von links nicht befriedigen. Nun greift sie zu 
ihrem letzten Mittel. Sie wirft den Wölfen ein Opfer vor die 
Füße, das sie zerreißen sollen. Dieses Opfer soll Ludendorff 
heißen. Einer unserer Besten. Ourch die „Ludendorfferei“ 
haben wir uns viereinhalb Jahre lang einer Welt von Feinden 
erwehren können; durch die „Scheidemannsucht“ sind wir 
binnen sechs Monaten zu einem, wie Scheidemann es heute 
selber schildert, ruinierten Volke geworden. 
Der feine Ton 
Weimar, 27. März 
Am Fuße des Goethe-Schiller-Denkmals vor dem National- 
tbeater liegt noch immer der Kranz, den Herr Ebert den beiden 
Frledrich der Vorläufige 113 6
	        
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